Auktion: 534 / Contemporary Art Day Sale am 09.12.2022 in München Lot 189

 

189
Hermann Nitsch
Ohne Titel (64. Malaktion, Rovereto, 2012), 2012.
Mischtechnik mit Malhemd (über eine Holzlatte g...
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 93.750

(inklusive Aufgeld)
Ohne Titel (64. Malaktion, Rovereto, 2012). 2012.
Mischtechnik mit Malhemd (über eine Holzlatte gehängt) auf grundierter Jute.
Verso auf der Jute signiert und datiert. 200 x 300 cm (78,7 x 118,1 in).
Entstanden bei der 64. Malaktion im Museo di arte moderna e contemporanea, Rovereto, 6.-13.10.2012 (verso mit dem Museumsetikett). [AR].
• Entstanden während einer der öffentlichen Malaktionen des Künstlers
• Das Malhemd wird Teil des Kunstwerks und verweist eindrucksvoll auf den Entstehungsprozess
• Die Pace Gallery hat den Künstler im Februar 2022 kurz vor seinem Tod in ihre Reihen aufgenommen und zeigt 2023 eine große Einzelausstellung seiner Werke in New York
.

PROVENIENZ: Privatsammlung Süddeutschland.

LITERATUR: Dietmar Haubenhofer (Hrsg.), Hermann Nitsch. Das Konzept des Orgien Mysterien Theaters – Malaktionen, 2013 (m. Farbabb. S. 141).

Zusammen mit den Künstlern Günter Brus, Otto Muehl und Rudolf Schwarzkugler zählt der erst kürzlich verstorbene Hermann Nitsch in den 1960er Jahren zu den zentralen Protagonisten des "Wiener Aktionismus". Charakteristisch für sein Schaffen ist die Bezugnahme auf Religionen, philosophische Weltanschauungen sowie jahrtausendealte mystische Kulte. Ab Mitte der 1950er Jahre verfolgt er die Idee seines "Orgien Mysterien Theaters", in dessen geistigem Zusammenhang letztlich alle seine Werke stehen. Er möchte mit seinen Arbeiten alle fünf Sinne ansprechen und die Idee des Gesamtkunstwerks reformieren. Zeitlebens spielen neben Religion und Philosophie auch die Psychoanalyse sowie Lyrik, Theater und klassische Musik eine herausragende Rolle im Schaffen des Künstlers, der sich so an die Idee des Gesamtkunstwerks annähert und diese revolutioniert. Seine sogenannten Malaktionen zeigen dabei durchaus auch dionysische Züge und werden von alten Mysterienkulten inspiriert.
Das vorliegende Werk entsteht 2012 bei der 64. Malaktion im Mart – Museo di arte moderna e contemporanea in Rovereto, die über acht Tage hinweg vor den Augen des Publikums stattfindet. Die von Nitsch bevorzugte Malweise des Schüttens, Rinnens und Verschmierens mit den Händen wird auch in dieser Arbeit von ihm und seinen Assistenten angewendet. Sie tragen bei den Malaktionen weiße Malhemden und bearbeiten unter vollem Körpereinsatz die Leinwand. Das Malhemd ist dann auch ein wesentliches Merkmal in Nitschs Werk. Es wird an zentraler Stelle auf der Leinwand appliziert und spiegelt so den Malprozess wider. Auf diese Art und Weise wird der Entstehungsprozess des Bildes auch für den Betrachter sicht- und erfahrbar, der die Malaktion nicht vor Ort mitverfolgen konnte.
Nitsch hat sich in seinem Werk intensiv mit Farbe auseinandergesetzt. Sie spielt in seinem Werk eine herausragende Rolle. Besonders die Farbe Rot ist für sein Werk charakteristisch und besitzt für ihn einen hohen Stellenwert, steht sie doch für Leben und Tod und wird mit Blut assoziiert. In vielen seiner Bilder findet schließlich auch Tierblut Verwendung. Nitschs Ansicht nach ist Rot "die Farbe, die am intensivsten zur Registration reizt, weil sie die Farbe des Lebens und des Todes gleichzeitig ist" (Hermann Nitsch, 1987, zit. nach: Otmar Rychlik, Malaktionismus. Ein Gespräch mit Hermann Nitsch, 1987, in: Michael Karrer (Hrsg.), Hermann Nitsch. Das Gesamtkunstwerk des Orgien Mysterien Theaters, Köln 2015). [JK]



189
Hermann Nitsch
Ohne Titel (64. Malaktion, Rovereto, 2012), 2012.
Mischtechnik mit Malhemd (über eine Holzlatte g...
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 93.750

(inklusive Aufgeld)