Auktion: 535 / Evening Sale mit Sammlung Hermann Gerlinger am 09.12.2022 in München Lot 17

 

17
Konrad Lueg
Fußballspieler, 1964.
Kaseintempera auf Leinwand
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 137.500

(inklusive Aufgeld)
Fußballspieler. 1964.
Kaseintempera auf Leinwand.
Verso signiert und datiert sowie mit der Künstleradresse versehen. 160 x 86 cm (62,9 x 33,8 in).

• Fußballer-Bilder sind ein gesuchtes Motiv in Konrad Luegs kleinem Œuvre.
• Gemälde von Konrad Lueg werden außerordentlich selten auf dem Kunstmarkt angeboten.
• Seit den 1960er Jahren in ein und demselben Familienbesitz.
• Konrad Lueg ist als Konrad Fischer einer der wichtigsten und einflussreichsten Galeristen für die Kunst der 1970er und 1980er Jahre.
• Im Städel Museum in Frankfurt am Main befindet sich ein mehrfiguriges Fußballer-Bild von Konrad Lueg
• Weitere Werke befinden sich im Museo Arte Contemporanea, Barcelona, dem Museum of Modern Art, New York, und dem Walker Art Center, Minneapolis
.

PROVENIENZ: Privatsammlung Süddeutschland (direkt vom Künstler erworben).
Privatsammlung Berlin (durch Erbschaft vom Vorgenannten erhalten).

LITERATUR: Thomas Kellein, Ich nenne mich als Maler Konrad Lueg, Bielefeld 1999, S. 69 (m. Abb.).

Düsseldorf ist zu Beginn der 1960er Jahre das Zentrum der zeitgenössischen Kunst in Deutschland. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Künstler, die hier studieren, auch im Weiteren zu den ganz Großen gehören werden. An der Düsseldorfer Akademie lehren Bruno Goller, Gerhard Hoehme und Karl Otto Götz. Ab 1961 führt Joseph Beuys seinen neuartigen Kunstbegriff in die traditionelle Institution ein. Alfred Schmela zeigt in seiner Galerie die internationale Avantgarde. Gegenpositionen zum allgegenwärtigen Informel liefert die Gruppe "ZERO" mit Piene, Mack und Uecker, oder auch George Maciunas beim Festum Fluxorum.
In dieser Atmosphäre studiert Konrad Lueg ab 1958 bei Bruno Goller, im Winter 1960/61 wechselt er in die Klasse von Karl Otto Götz. Im November 1962 wird er ohne Angabe von Gründen und ohne Abschluss aus der Akademie ausgeschlossen. Der Hintergrund hierfür ist wohl in seinen politischen Aktivitäten zu suchen. Lueg, der gebürtige Düsseldorfer, ist in der Kunstszene der Stadt gut vernetzt, kennt über Peter Brüning viele Künstler und kunstinteressierte Leute. In der Akademie hat er Gerhard Richter, Manfred Kuttner und Sigmar Polke kennengelernt. Sie werden unter dem Namen "Kapitalistischer Realismus" Kunstgeschichte schreiben. Jedoch ist ihre finanzielle Situation schwierig: "Ich verdiente damals als Hilfslehrer etwas, Polke jobte [sic] auf dem Finanzamt und Richter hatte so was wie eine Flüchtlingsbeihilfe" (K. Fischer, zit. nach: Kunstforum International Bd.104, 1989, S. 278). Doch bleibt er als Künstler, unter dem Mädchennamen seiner Mutter "Lueg", weiterhin tätig.
1962 entdeckt er als Malmittel die Kaseinfarbe für sich, die unter dem Markennamen Plaka-Farbe allbekannt ist. Sie trocknet schnell, garantiert ein flaches Erscheinungsbild und ist günstig. Das ist ihm unbedingt erwünscht, kann er doch eine neue Kunst nur im überdeutlich sichtbaren Gegenteil zur materialbetonten Malerei des Informel erschaffen. Auch bei den Bildthemen folgt er einem neuen Weg. Fußballer und Boxer setzt Konrad Lueg in Szene. Diese Bilderfolgen gehören heute zu seinen bedeutendsten Werken. Dabei geht es ihm wohl nicht um den Sport, sondern um eine Hinterfragung dieser neuen Helden. Denn 1963 startet die erste Saison der deutschen Fußball-Bundesliga. Mit ihr ist ein neues Heldenbild in die bundesdeutschen Wohnzimmer eingezogen: der Fußballspieler. Mit ihnen kann und darf der deutsche Bürger wieder mitfiebern und jubeln. Diese Position beleuchtet Konrad Lueg sehr hintergründig und subtil. Wie schon in der legendären Ausstellung "Leben mit Pop – eine Demonstration für den kapitalistischen Realismus" nimmt er die prosperierende Wirtschaftswunder-Gesellschaft unter die kritische Lupe. Seine Fußballbilder zeigen die Figuren kaum bewegt, gesichtslos und oft in Rückenansicht; Spielfeld und Ball sind ausgeblendet. Hier präsentiert Konrad Lueg den Fußballspieler in Rückenansicht, vor leerem Feld, wohl auf ein weit entferntes Tor blickend. Alle dem Fußballsport eigene Hektik, Emotion ist aus dem Bild gewichen. Der balllose, allein im Feld stehende Spieler blickt ratlos auf das ferne Tor. Hier geht es nicht um das Abbild von Ikonen, sondern vielleicht um den Menschen, den Peter Handke sechs Jahre später in der Erzählung "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter" in den Mittelpunkt stellt. [EH]



17
Konrad Lueg
Fußballspieler, 1964.
Kaseintempera auf Leinwand
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 137.500

(inklusive Aufgeld)