Auktion: 541 / Contemporary Art Day Sale am 09.06.2023 in München Lot 156

 

156
Rainer Fetting
Quiet Pier, 1987.
Öl auf Leinwand und Treibholz
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 67.310

(inklusive Aufgeld)
Quiet Pier. 1987.
Öl auf Leinwand und Treibholz.
Verso auf der Leinwand signiert, datiert, betitelt sowie mit den Nummern "A 324" und "81 | 90" bezeichnet. 205 x 237 cm (80,7 x 93,3 in).

• Inspirationsquelle New York: Hier findet Rainer Fetting neue Motive und Materialien.
• Aus der Gruppe der Holzbilder, die erstmals 1984 in der Marlborough Gallery, New York, ausgestellt werden.
• Der Pier am Hudson River lebensgroß in Szene gesetzt, ein Ruhepol im hektischen Großstadtleben.
• Im Entstehungsjahr zeigt das Museum of Modern Art in New York die große Überblicksschau "Berlinart 1961–1987", darunter auch Gemälde von Rainer Fetting
.

Die Authentizität der vorliegenden Arbeit wurde vom Künstler bestätigt. Wir danken für die freundliche Auskunft.

PROVENIENZ: Raab Galerie Berlin.
Privatsammlung Baden-Württemberg.

AUSSTELLUNG: Der Hang zur Architektur in der Malerei der Gegenwart, Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt a. Main, 3.9.-23.10.1988, S. 51.

Ein Stipendium ermöglicht Rainer Fetting 1978 einen ersten Aufenthalt in New York. Dort findet er nicht nur neue Motive, sondern auch eine urbane Stimmung, die sich stark von Berlin unterscheidet und sich in seinen Arbeiten dieser Zeit widerspiegelt. In den Folgejahren kehrt er immer wieder in die amerikanische Metropole zurück, in der er auch zeitweise lebt. Die Skyline von New York, die Yellow Caps aber auch zahlreiche Porträtgruppen mit neuen Modellen entstehen. Und auch neue Materialien halten Einzug in seine Kunst. Zu Beginn der 1980er Jahre entstehen Arbeiten, für die Fetting Holzbohlen auf Leinwand montiert, übermalt und in die Bildkomposition integriert. Schon 1984 zeigt die Marlborough Gallery in New York in einer Ausstellung seine Holzbilder, darunter auch figürliche Darstellungen. Im Rückblick berichtet er selbst:

"Die Holzbilder sind entstanden gleich zu Anfang, nachdem ich 1983 nach New York gezogen bin. Mein Atelier war in der 23rd Street zwischen 11th und Westside Highway am Hudson River, wo heute eine zivilisierte Parkanlage für Fußgänger, Jogger und Biker verläuft. Die heruntergekommenen, nicht mehr funktionalen Piers dort dienten damals hauptsächlich der schwulen Außenseiterszene. Für mich, der ich von der Waterkant komme, war die Gegend auch immer ein Entkommen aus dem Großstadt-Dschungel. Man konnte dort den Hudson River entlang bis weit in die Ferne sehen und die Freiheitsstatue sichten. Die Lagerhäuser für den Schiffsverkehr waren bald abgerissen, und es bestand nur noch die Rohform der Plattformen. Auf einem der Piers entdeckte ich bald die Eichenbohlen, die von Obdachlosen für ihre Feuer abgetragen wurden, an denen sie sich wärmen konnten. Ich habe dann auch einige lose herumliegende Bohlen mitgenommen, um sie in meine Bilder einzuarbeiten.“ (Rainer Fetting, April 2018)

Wie für seine Malweise so typisch, bannt er auch in "Quiet Pier" mit kräftigen, pastosen Farben die Stadtlandschaft am Pier auf den Bildträger. Doch etwas ist anders als in den meisten Werken dieser Zeit. Normalerweise sind Fettings Großstadt-Bilder laut. Wie kaum ein anderer Maler seiner Generation versteht er es, das hektische Großstadtleben in Farbe auf der Leinwand entstehen zu lassen. Der "Quiet Pier" hingegen liegt außerhalb dieses konstanten Geräuschpegels. Eine Seltenheit, wie jeder Großstädter weiß. Die Hochhäuser der Skyline im Hintergrund erscheinen statisch, von geraden Linien umfangen, der Steg wie eine einsame Bühne, menschenleer. Der Puls beruhigt sich sichtbar, die Großstadt macht für einen Moment Pause und der Pier wird zum Ruhepol. Komposition und Perspektive lassen es zu, der Blick darf über den Pier mit seiner realen Holzbohle bis zum Horizont in die Ferne schweifen. [AR]



156
Rainer Fetting
Quiet Pier, 1987.
Öl auf Leinwand und Treibholz
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 67.310

(inklusive Aufgeld)