Auktion: 540 / Evening Sale am 09.06.2023 in München Lot 38

 

38
Gerhard Richter
Ohne Titel (15. Okt. 1990), 1990.
Aquarell
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 101.600

(inklusive Aufgeld)
Ohne Titel (15. Okt. 1990). 1990.
Aquarell.
Rechts oben signiert, datiert und betitelt bzw. bezeichnet "15. Okt. 1990". Auf Aquarellpapier. 31,9 x 23,8 cm (12,5 x 9,3 in), blattgroß. [CH].

• Gerhard Richters Aquarelle bilden in seinem Œuvre eine kleine, aber für den Künstler bedeutende Werkgruppe.
• Die Aquarelle sind unmittelbare Zeugnisse der spontanen Umsetzung von Richters künstlerischer Idee.
• Das hier angebotene Werk gehört zu den ersten Arbeiten, mit denen sich der Künstler nach zweijähriger Schaffenspause erstmals wieder der Aquarelltechnik widmet.
• Aquarelle aus dieser Entstehungszeit befinden sich weltweit in bedeutenden musealen Sammlungen, darunter das Museum of Modern Art, New York, das Kunstmuseum Winterthur und das Museum Frieder Burda, Baden-Baden
.

Mit einer schriftlichen Bestätigung von Dr. Dietmar Elger, Gerhard Richter Archiv, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, vom 16. September 2014.

Die vorliegende Arbeit ist zudem im Online-Katalog der Aquarelle verzeichnet.

PROVENIENZ: Privatsammlung Süddeutschland.


"Das Bildermalen ist eben das Offizielle, die tägliche Arbeit, der Beruf; und bei den Aquarellen kann ich mir eher leisten der Laune nachzugeben, den Stimmungen."

Gerhard Richter in einem Interview mit Dieter Schwarz, 1999, zit. nach: www.gerhard-richter.com/de/quotes/mediums-3/work-on-paper-17.

Bereits 1977/78 schafft Gerhard Richter eine erste Folge von Aquarellen. Seitdem bilden diese besonderen Arbeiten in seinem Schaffen eine kleine, jedoch bedeutende Werkgruppe. Als gemeinsame, die Werkreihen überdauernde Konstante weisen die Aquarelle eine Dominanz kräftiger Primärfarben auf und werden von Gerhard Richter jeweils mit einem den Titel ersetzenden Datum versehen. Die hier angebotene Arbeit ist nach einer Unterbrechung zwischen April 1988 und Oktober 1990 eines der ersten fünf im Werkverzeichnis aufgeführten Aquarelle, mit denen sich Gerhard Richter in den 1990er Jahren erneut den lasierenden Wasserfarben widmet. Während die Arbeiten der 1980er Jahre stilistisch noch in hohem Maße den Gemälden ähneln, gestaltet Richter die Aquarelle nun freier, verspielter, sodass sie sich nun als gänzlich eigenständige Werkgruppe behaupten. In ihnen gelangt er durch die zarten Überlagerungen und feinen Farbverläufe zu einer Leichtigkeit, die in seinen Gemälden technik- und materialbedingt nicht umzusetzen ist. Auf die Frage, ob er glaube, mit den Aquarellen dasselbe wie in den zeitlich parallel gemalten Bildern erreichen zu können, antwortet Richter: "Es war ja dieselbe Problematik, nur mit anderen Mitteln. Also formal, von der Technik her, wäre ich eher versucht gewesen, das Umgekehrte zu wünschen, das heißt, diese Aquarell-Leichtigkeit auf dem großen Leinwandformat zu erzielen. [..] [Aquarelle und Ölbilder] sind doch schon verschieden: wie ein Gedicht und ein Roman vom gleichen Autor. [..] Weil das Aquarell lässiger ist." (Gerhard Richter in einem Gespräch mit Dieter Schwarz, 1999, zit. nach: D. Elger u. H. U. Obrist, Gerhard Richter. Text, Köln 2008, S. 345)

Auch in der hier angebotenen Arbeit – einem der deutlich selteneren Hochformate – ist diese lässige Leichtigkeit zu spüren. Zum Teil zart lasierende und dann wieder kräftige, deckende, mit breitem Pinsel gezogene Farbbahnen werden übereinandergelegt, laufen ineinander und verbinden sich zu einem spannungsvollen Farbnebel, während das kräftige Sonnengelb wie zufällig in mehreren Bahnen über die bereits zu Papier gebrachte Komposition rinnt. Richter erklärt: "Es ist [..] nichts zu sehen, was ich nicht selber gemacht hätte, auch das Entstehenlassen ist ja gewollt und wird überwacht, und wenn was anders als geplant wird, ist das auch gewollt." (Ebd., S. 353).

Schon 1985 zeigt die Staatsgalerie Stuttgart eine ausschließlich den Aquarellen gewidmete umfassende Werkschau. Prominent sind sie seitdem in vielen Einzelausstellungen des Künstlers vertreten und u. a. 2012 als Hauptakteure der viel besprochenen Ausstellung "Gerhard Richter. Zeichnungen und Aquarelle 1957-2008" im Musée du Louvre in Paris ausgestellt, die den besonderen Stellenwert dieser Werkgruppe noch einmal nachvollzogen und verdeutlicht hat. [CH]



38
Gerhard Richter
Ohne Titel (15. Okt. 1990), 1990.
Aquarell
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 101.600

(inklusive Aufgeld)