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Blinky Palermo
Ohne Titel, 1976/77.
Acryl auf Aluminium, 8-teilig
Schätzpreis: € 600.000 - 800.000
Ohne Titel. 1976/77.
Acryl auf Aluminium, 8-teilig.
Jeweils auf der Rückseite bezeichnet "I" bis "VIII" sowie mit Richtungspfeil. Unikat. 26,7 x 21 x 0,2 cm (10,5 x 8,2 x 0 in). Abstand der Tafeln von der Wand jeweils 1,7 cm. Abstand zwischen den Tafeln jeweils 21 cm. Gesamtmaß: 26,7 cm (10,5 in) x 315 cm (124 in) x 1,7 cm (0,6 in). [JS].
• Das letzte Werk des mit 33 Jahren verstorbenen Ausnahmetalents und progressivsten deutschen Künstlers der 1960er und 1970er Jahre – neben Richter und Polke.
• Palermos mehrteilige Metallbilder entstehen auf dem Höhepunkt seines Schaffens und befinden sich heute fast alle in bedeutenden internationalen Sammlungen.
• Einmalig in Palermos Œuvre – Aufbruch in eine neue Werkphase: in gestisch freier Malerei und Erweiterung von bislang maximal vier auf jetzt acht Bildteile.
• Zwischen Palermos Rückkehr aus New York (1976) und seinem Aufbruch auf die Malediven (1977) entstanden, befindet sich diese letzte Arbeit nach Palermos Tod noch in seinem Düsseldorfer Atelier.
Mit einer Bestätigung des Nachlasses Blinky Palermo, Berlin/Wiesbaden, vom Januar 2016. Die Arbeit ist im Archiv registriert.
PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers.
Michael Heisterkamp, Bruder des Künstlers.
Privatsammlung Deutschland (vom Vorgenannten erworben).
AUSSTELLUNG: Beuys + Palermo, Toyota Municipal Museum of Art, Tokio, 3.4.-20.6.2021; The Museum of Modern Art, Saitama, 10.6.-5.9.2021; The national Museum of Art, Osaka, 12.10.2021-16.1.2022, Kat.-Nr. 52 (m. Abb. S. 270 sowie Detailfotos S. 271).
Hommage à Palermo, Museum Wiesbaden, 17.5.-28.10.2018, o. Kat. (https://museum-wiesbaden.de/hommage-a-palermo).
LITERATUR: Palermo. Werke 1963-1977, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Winterthur / Kunsthalle Bielefeld / Stedelijk Van Abbemuseum Eindhoven, München 1984, Abb. S. 140 (Foto der Arbeit im Atelier Blinky Palermos nach dessen Tod 1977 von Imi Knoebel).
Palermo – who knows the beginning and who knows the end?, Ausst.-Kat. Westfälisches Landesmuseum, Münster / Kunstmuseum St. Gallen, Heidelberg 2011, S. 27 (m. Abb.).
Beuys + Palermo, Ausst.-Kat. Toyota Municipal Museum of Art, Tokio / The Museum of Modern Art, Saitama / The national Museum of Art, Osaka, Tokio 2021, Kat.-Nr. 52 (m. Abb. S. 270 sowie Detailfotos S. 271).
"Bei zwei Serien auf kleinen Aluminiumtafeln hat Palermo offensichtlich etwas Neues begonnen. Offene, durchlässige, fast wolkige Farberscheinungen, wie er sie bisher nur als 'Zeichnung' auf dem Papier realisiert hat, agieren mit Bezug auf die festen Tafeln. [..] Eine zweite Folge ist noch ungewöhnlicher; sie besteht aus acht kleinen Tafeln, die vollflächig mit zitronigem Gelb über weißer Grundierung bemalt sind. Die ersten vier zeigen in diesem Gelb wie hingewehte, breite grüne Pinselstriche, die anderen vier haben keine weitere Bemalung. [..] Es gibt bei Palermo keine vergleichbare Arbeit [..] man spürt in diesen Werken einen neuen Ansatz, lichthafte Farbe, ganz mühelos sich andeutend, eine Befreiung – vielleicht."
Erich Franz, Palermo – Freiheit des Sehens, in: Palermo – who knows the beginning and who knows the end?, Ausst.-Kat. Landesmuseum Münster / Kunstmuseum St. Gallen, 2011, S. 27.
"Die Arbeiten von Palermo, beispielhaft, sie müssen erlebt werden, diskutiert werden, sie sind der Stolz, der in anderen Nationen zu großen Museen geführt hätte. Umso tragischer ist die Verkürzung des Lebens, die relativ kleine Zahl an Werken, die aber auch bei anderen Genies in unserem Jahrhundert [..] immer wieder aufzeigen, daß die Komprimierungen zu geistigen Ergebnissen führen, die sich sonst vielleicht verwässert hätten."
Dieter Ronte, 1994, zit. nach: Palermo. Bilder, Objekte, Zeichnungen, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Bonn, Bonn 1995, S. 11.
Aufrufzeit: 08.12.2023 - ca. 19.00 h +/- 20 Min.
Acryl auf Aluminium, 8-teilig.
Jeweils auf der Rückseite bezeichnet "I" bis "VIII" sowie mit Richtungspfeil. Unikat. 26,7 x 21 x 0,2 cm (10,5 x 8,2 x 0 in). Abstand der Tafeln von der Wand jeweils 1,7 cm. Abstand zwischen den Tafeln jeweils 21 cm. Gesamtmaß: 26,7 cm (10,5 in) x 315 cm (124 in) x 1,7 cm (0,6 in). [JS].
• Das letzte Werk des mit 33 Jahren verstorbenen Ausnahmetalents und progressivsten deutschen Künstlers der 1960er und 1970er Jahre – neben Richter und Polke.
• Palermos mehrteilige Metallbilder entstehen auf dem Höhepunkt seines Schaffens und befinden sich heute fast alle in bedeutenden internationalen Sammlungen.
• Einmalig in Palermos Œuvre – Aufbruch in eine neue Werkphase: in gestisch freier Malerei und Erweiterung von bislang maximal vier auf jetzt acht Bildteile.
• Zwischen Palermos Rückkehr aus New York (1976) und seinem Aufbruch auf die Malediven (1977) entstanden, befindet sich diese letzte Arbeit nach Palermos Tod noch in seinem Düsseldorfer Atelier.
Mit einer Bestätigung des Nachlasses Blinky Palermo, Berlin/Wiesbaden, vom Januar 2016. Die Arbeit ist im Archiv registriert.
PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers.
Michael Heisterkamp, Bruder des Künstlers.
Privatsammlung Deutschland (vom Vorgenannten erworben).
AUSSTELLUNG: Beuys + Palermo, Toyota Municipal Museum of Art, Tokio, 3.4.-20.6.2021; The Museum of Modern Art, Saitama, 10.6.-5.9.2021; The national Museum of Art, Osaka, 12.10.2021-16.1.2022, Kat.-Nr. 52 (m. Abb. S. 270 sowie Detailfotos S. 271).
Hommage à Palermo, Museum Wiesbaden, 17.5.-28.10.2018, o. Kat. (https://museum-wiesbaden.de/hommage-a-palermo).
LITERATUR: Palermo. Werke 1963-1977, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Winterthur / Kunsthalle Bielefeld / Stedelijk Van Abbemuseum Eindhoven, München 1984, Abb. S. 140 (Foto der Arbeit im Atelier Blinky Palermos nach dessen Tod 1977 von Imi Knoebel).
Palermo – who knows the beginning and who knows the end?, Ausst.-Kat. Westfälisches Landesmuseum, Münster / Kunstmuseum St. Gallen, Heidelberg 2011, S. 27 (m. Abb.).
Beuys + Palermo, Ausst.-Kat. Toyota Municipal Museum of Art, Tokio / The Museum of Modern Art, Saitama / The national Museum of Art, Osaka, Tokio 2021, Kat.-Nr. 52 (m. Abb. S. 270 sowie Detailfotos S. 271).
"Bei zwei Serien auf kleinen Aluminiumtafeln hat Palermo offensichtlich etwas Neues begonnen. Offene, durchlässige, fast wolkige Farberscheinungen, wie er sie bisher nur als 'Zeichnung' auf dem Papier realisiert hat, agieren mit Bezug auf die festen Tafeln. [..] Eine zweite Folge ist noch ungewöhnlicher; sie besteht aus acht kleinen Tafeln, die vollflächig mit zitronigem Gelb über weißer Grundierung bemalt sind. Die ersten vier zeigen in diesem Gelb wie hingewehte, breite grüne Pinselstriche, die anderen vier haben keine weitere Bemalung. [..] Es gibt bei Palermo keine vergleichbare Arbeit [..] man spürt in diesen Werken einen neuen Ansatz, lichthafte Farbe, ganz mühelos sich andeutend, eine Befreiung – vielleicht."
Erich Franz, Palermo – Freiheit des Sehens, in: Palermo – who knows the beginning and who knows the end?, Ausst.-Kat. Landesmuseum Münster / Kunstmuseum St. Gallen, 2011, S. 27.
"Die Arbeiten von Palermo, beispielhaft, sie müssen erlebt werden, diskutiert werden, sie sind der Stolz, der in anderen Nationen zu großen Museen geführt hätte. Umso tragischer ist die Verkürzung des Lebens, die relativ kleine Zahl an Werken, die aber auch bei anderen Genies in unserem Jahrhundert [..] immer wieder aufzeigen, daß die Komprimierungen zu geistigen Ergebnissen führen, die sich sonst vielleicht verwässert hätten."
Dieter Ronte, 1994, zit. nach: Palermo. Bilder, Objekte, Zeichnungen, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Bonn, Bonn 1995, S. 11.
Aufrufzeit: 08.12.2023 - ca. 19.00 h +/- 20 Min.
Palermo: unangepasst und progressiv - Entgrenzung von Form und Farbe
Klein und von herausragender kunsthistorischer Bedeutung ist das Œuvre, das Blinky Palermo in den 15 Jahren vor seinem plötzlichen Tod mit erst 33 Jahren geschaffen hat. 1977 stirbt Palermo während einer Reise mit seiner Freundin Babett auf die Malediveninsel Kurumba. Bis dahin hat er ein mutiges Werk geschaffen, dessen stilistische und formale Progressivität nicht nur für herausragende Künstlerpersönlichkeiten seiner Generation, wie Gerhard Richter oder Imi Knoebel, sondern auch für nachfolgende Künstlerpersönlichkeiten prägend war. Palermo, der eigentlich Peter Heisterkamp hieß, wurde 1964 kurz nach seinem Eintritt in die Beuys-Klasse an der Kunstakademie Düsseldorf aufgrund seines lässigen Auftretens mit Sonnenbrille und Lederjacke und seiner angeblichen Ähnlichkeit zu dem mafiösen amerikanischen Boxmanager Frank "Blinky" Palermo zunächst für seine Kommilitonen und bald darauf für alle zu Blinky Palermo. Bereits 1964 überwindet Palermo mit dem gut zwei Meter hohen, schmalen bemalten Stab "Ohne Titel" seine studentischen Experimente und schafft aus dem Stand eine mutige Definition seines neuartigen Bildbegriffes. "Es ist eine Provokation: Die Farbe verhält sich wie in einem Gemälde, aber das Objekt lässt ihr keinen Platz, als ein 'Bild' zu wirken." (Erich Franz, Palermo - Freiheit des Sehens, in: Palermo - who knows the beginning and who knows the end?, Ausst.-Kat. Landesmuseum Münster / Kunstmuseum St. Gallen, 2011, S. 15). 1965 stellt er erstmals unter dem Künstlernamen Blinky Palermo aus, und noch bevor er 1967 das Studium abschließt folgen erste Einzelausstellungen. 1972 folgt seine Ausstellungsbeteiligung auf der documenta 5 in Kassel, auf der unter anderem auch der Amerikaner Robert Ryman mit frühen monochrom-strukturierten Arbeiten vertreten ist. Während Palermos kurzes Leben äußerst intensiv und rastlos war, er keine Gelegenheit und vor allem keine Party auslassen konnte, zeichnet sich sein Werk von Beginn an durch eine faszinierende Geschlossenheit und Stringenz aus. Der komplexe, experimentelle Umgang mit Form und Farbe, deren maximale Entgrenzung Palermo sucht, ist in all seinen Schaffensphasen spürbar. Palermo hat Malerei und Objektkunst zusammengedacht, neue Formate entwickelt, minimalistische Wandgemälde geschaffen, unter anderem in seinen Stoff- und Metallbildern neue Bildträger erschlossen und dabei Kunst und Raum stets als Einheit gedacht.
Palermos letzte Werkphase (1974-1977) - Mehrteiligkeit auf Metall als Essenz und Höhepunkt seines Schaffens
Das Œuvre, das Palermo 1977 der Nachwelt hinterlassen hat, lässt sich insgesamt in drei Schaffensphasen untergliedern: Im Frühwerk (1962-1967), das während seiner Studienzeit an der Kunstakademie Düsseldorf entsteht, beginnt Palermo die Möglichkeiten der malerischen Mittel in Form von Leinwand-, Objekt- und ersten Stoffbildern auszuloten. Eine zweite Schaffensphase umfasst die Jahre 1968-1973, in der er die Malerei in seinen Stoffbildern sowie seinen raumgreifenden Wandbildern weiter in Richtung einer reinen Färbung oder eines reinen Anstrichs minimalisiert und in den Raum weitet. Palermos zentrales Bestreben ist dabei die Befreiung der Farbe aus ihren formalen wie materiellen Begrenzungen der Form und des Bildträgers. Neben monochromen, geometrischen Wandgestaltungen, die heute leider fast alle nicht mehr erhalten sind, entstehen in dieser Zeit "shaped canvases" und mehrteilige Wandobjekte, die deutliche Parallelen zum zeitgleichen Schaffen der amerikanischen Minimal Art und des Hard Edge zeigen. Wie etwa Frank Stella, Barnett Newman, Brice Marden oder Walter de Maria versucht auch Palermo in den 1960er Jahren die formalen Grenzen des klassischen Tafelbildes hinter sich zu lassen und Kunst und Raum in Beziehung zu denken. Palermo, der in diesen Jahren auch Barkeeper im legendären Künstlerlokal Creamcheese war und Nächte lang nur Flipper spielte, entwickelt reduzierte künstlerische Schöpfungen, die, teils im Riesenformat, teils objekthaft, teils direkt auf die Wand gemalt, in Interaktion mit dem sie umgebenden Raum treten.
Es folgt Palermos letzte, reife und überwiegend in den USA entstandene Schaffensphase von 1974 bis zu seinem frühen Tod 1977, aus der unsere Arbeit auf Aluminium stammt. Es ist das letzte Werk, das Palermo vor seiner Abreise auf die Malediven geschaffen hat. Die formal wie stilistisch vollkommen neuartige, 8-teilige Arbeit ist durch Fotoaufnahmen, die Palermos Freund Imi Knoebel direkt nach dessen Tod in seinem Düsseldorfer Atelier angefertigt hat, dokumentiert. Palermo hatte die Räumlichkeiten in der Harkottstraße 1976, nach seiner Rückkehr aus New York, von seinem Künstlerfreund Gerhard Richter übernommen. Palermos letzte Werkphase ist die Hochphase seines Schaffens, sie bildet die Summe alles Vorangegangenen. Palermo arbeitet nun fast ausschließlich mehrteilig und es entstehen seine ersten multiplen Malereien auf Stahl und anschließend auch auf dünnen, scheinbar vor der Wand schwebenden Aluminiumplatten. In diesen äußerst selten angebotenen mehrteiligen Arbeiten auf Metall ist es Palermo durch die Härte und Undurchlässigkeit des Bildträgers erstmals gelungen, den Eigenwert der Farbe in maximaler Befreiung von Wand und Bildträger zu inszenieren. Palermo hat in diesen Werken, als deren Höhepunkt die insgesamt 40 Aluminiumtafeln umfassende Werkreihe "To the people of New York City" (1976/77, Dia Art Foundation, New York) mit streng geometrischen, flächigen Kompositionen in Cadmium-Rrot, Gelb und Schwarz gilt, sein Bestreben nach der Entgrenzung der Farbe auf die Spitze getrieben und technisch wie formal etwas vollkommen Neues gewagt. Dies sollte für das spätere Schaffen Imi Knoebels, Gerhard Richters oder Günther Förgs in zentraler Weise prägend sein. Die präzis definierte Abfolge von Bild und Wand kann als Rhythmus begriffen werden, der Farbfläche und immateriellen Raum miteinander verknüpft. Zentrale Anregungen hat Palermo hier aus der amerikanischen Jazzmusik und seiner Begeisterung für Thelonious Monk und Stevie Wonder gewonnen. Mit Metallbildern ist Palermo 1975 auf der XIII. Biennale in São Paulo vertreten. 1976 - direkt vor Entstehung der vorliegenden Arbeit - inszeniert Palermo ein mehrteiliges Werk im Deutschen Pavillon auf der XXXVII. Biennale in Venedig. Palermo ist auf dem Höhepunkt seines Schaffens.
Bereits im Rückblick auf die erste Palermo-Ausstellung in der Galerie Heiner Friedrich und Dahlem in München (1966) hat Franz Dahlem den vollkommen neuartigen Charakter von Palermos Kunst betont: "Und dann kam die Ausstellung, die sich von unseren 15 vorherigen stark unterschied. Palermo hatte seine Sachen durch die Spedition nach München schicken lassen. Sie lagen unausgepackt in der Galerie herum. Zum Teil waren es ja mehrteilige Arbeiten, die wir allein nie hätten installieren können. Denn wir hatten gar nicht gewußt, dass ein Kunstwerk mehrteilig sein kann, das gab es bis zu diesem Zeitpunkt nicht. [...] Es waren ja keine Altargemälde, sondern es waren monochrome oder abstrakte Arbeiten, die mehrteilig waren." (zit. nach: Digne M, Marcovicz (Hrsg.), "To the people..." Sprechen über Blinky Palermo, Köln 2003, S. 118f.).
Eine 8-teilige Metallarbeit von schwebender Leichtigkeit und sinnlicher Frische - Aufbruch in eine neue Werkphase vor Palermos unerwartetem Tod
"Bei zwei Serien auf kleinen Aluminiumtafeln hat Palermo offensichtlich etwas Neues begonnen. Offene, durchlässige, fast wolkige Farberscheinungen, wie er sie bisher nur als 'Zeichnung' auf dem Papier realisiert hat, agieren mit Bezug auf die festen Tafeln. [...] Eine zweite Folge ist noch ungewöhnlicher; sie besteht aus acht kleinen Tafeln, die vollflächig mit zitronigem Gelb über weißer Grundierung bemalt sind. Die ersten vier zeigen in diesem Gelb wie hingewehte, breite grüne Pinselstriche, die anderen vier haben keine weitere Bemalung. [...] Es gibt bei Palermo keine vergleichbare Arbeit [...] man spürt in diesen Werken einen neuen Ansatz, lichthafte Farbe, ganz mühelos sich andeutend, eine Befreiung - vielleicht." (Erich Franz, in: Palermo - who knows the beginning and who knows the end?, Ausst.-Kat. Westfälisches Landesmuseum Münster / Kunstmuseum St. Gallen, 2011, S. 27) Schwebend und ausgesprochen filigran ist der Charakter dieser acht Farbtafeln, die in ihrer fein orchestrierten Abfolge zu einem wunderbaren Farbklang verschmelzen, der die spirituelle Kraft der Farbe erfahrbar werden lässt. Wie flüchtig dahingeweht erscheint das vollflächig auf die weiße Grundierung gesetzte zitronige Gelb; auf den ersten vier Tafeln wird es noch von breiten Pinselstrichen in sanftem Grün durchzogen, in denen sich noch die horizontale, vertikale und diagonale Gliederung der vorangegangenen, streng geometrischen, aus der suprematistischen Malerei Malewitschs und des amerikanischen Hard Edge entwickelten Arbeiten erkennen lassen. Gerade durch die Gegenüberstellung dieser Tafeln mit den vier monochromen ergibt sich das Empfinden einer spannungsvollen Leere, des Bewusstseins für die Abwesenheit von Form, die auf den zitronengelben Tafeln wie aus dem Formatausschnitt herausgerutscht erscheint. Durch diese Ausschnitthaftigkeit und subtile Disbalance entsteht eine kompositionelle Bewegung der Farbe, scheinbar festgehalten in einem flüchtigen Moment. Auf dünne, vor der Wand schwebenden Aluminiumtafeln gesetzt, scheint sich die Materialität des Bildträgers aufzulösen und sich die vom Bildgrund emanzipierte Farbe mit dem umgebenden Raum zu verbinden. Die von Palermo durch die Nummerierung verso präzise definierte Abfolge von Bild und Wand ergibt einen optischen Rhythmus, der Farbfläche und immateriellen Raum miteinander verknüpft. Bis dato waren Palermos Arbeiten auf Aluminium überwiegend vierteilig, die vorliegende Arbeit ist sein erstes und zugleich sein letztes 8-teiliges Werk. Für diese rhythmisierte Mehrteiligkeit und vor allem für die vollkommen darstellungsbefreite, duktusstrukturierte Monochromie, die in der vorliegenden späten und sogar letzten Arbeit Palermos verstärkt an Bedeutung gewinnt, hat die Malerei des Amerikaners Robert Ryman sicherlich zentrale Anregungen geliefert. Ryman war bereits 1972 gemeinsam mit Palermo auf der documenta 5 vertreten und sein duktusgetragenes Schaffen muss für Palermo im Zuge seines Amerika-Aufenthaltes (1974-1976) nochmals an Bedeutung gewonnen haben. Palermo hätte seinen Aufbruch zu neuem Ausdruck künstlerisch wohl kaum besser dokumentieren können, als er es in der vorliegenden Arbeit sanft und doch kraftvoll getan hat. Bedauerlicherweise wissen wir heute nicht, was noch gefolgt wäre, wie die künstlerische Entwicklung Palermos weitergegangen wäre. Von seiner Reise auf die Malediven ist der junge Künstler nicht mehr zurückgekehrt. Die vorliegende mehrteilige Arbeit ist das letzte Werk dieses Ausnahmetalentes und befand sich nach Palermos Tod in seinem Düsseldorfer Atelier. Palermo berichtet seiner Freundin Babett gleich nach seiner Ankunft auf den Malediven von einem grün-gelben, mehrteiligen Werk: "Wir sind [...] ins Hotel gefahren. Wir legten uns dort aufs Bett, und Blinky erzählte mir von seiner Reise, dem Zwischenaufenthalt in Karatschi, von den großen menschlichen Enttäuschungen, die er in den letzten Tagen erfahren hatte. Er sprach davon, dass er für mich gerade ein grün-gelbes, mehrteiliges Bild gemalt hatte. Und er schilderte mir sehr eindringlich den Besuch von Franz Dahlem. Danach ist es uns besser gegangen und wir sind ans Meer. Blinky trug eine Badehose, die mit Dollarnoten bedruckt war." (Babett Scobel, in: Digne M. Marcovicz (Hrsg.), "To the people..." Sprechen über Blinky Palermo, Köln 2003, S. 46). Auch das deckt sich mit dem mutigen, geradezu beflügelten künstlerischen Neuansatz, denn Palermo hatte Babett erst 1976 kennengelernt und mit ihr nach der Trennung von seiner Frau Kerstin noch einmal einen für ihn mutigen Neuanfang in einer Beziehung gewagt. Es überrascht also nicht, dass die Dynamik, Spontanität und Leichtigkeit der Bildsprache in dieser letzten Arbeit Palermos deutliche Parallelen zu seiner in New York entstandenen Werkfolge auf Papier "Happier than the morning sun (to Stevie Wonder)" (1975, u. a. Tate Modern, London) aufweist. Was noch hätte folgen sollen in Palermos Schaffen, lässt sich nur vermuten, unser von aller formalen Strenge befreites 8-teiliges Gemälde ist der kraftvolle Beginn eines neuen Kapitels. Die in der Palermo-Forschung diskutierte Frage jedoch, ob diese letzte Arbeit Palermos möglicherweise noch nicht ganz abgeschlossen war, muss, wie auch die genaue Ursache für Palermos plötzlichen Tod auf der Malediveninsel Kurumba, eines der Rätsel um Palermo bleiben. Hätte er hier nach seiner Rückkehr möglicherweise noch einmal ansetzen, noch einmal übermalen wollen? Diese Frage wird wohl unbeantwortet bleiben müssen, denn allein das Fehlen einer Signatur liefert hierfür keinen Hinweis, da Palermo mehrfach unsignierte Arbeiten direkt oder auch über die Galerie Heiner Friedrich veräußert hat und auch bei den signierten Werken - wie bei zahlreichen anderen Künstlern - die Signatur meist erst für den Verkauf oder mit der Weitergabe an den Galeristen erfolgt ist. Hätte er hier also nach seiner Rückkehr von den Malediven noch einmal Hand angelegt? Wir wissen es nicht und wahrscheinlich hätte Palermo selbst diese Frage vor seiner Abreise nicht definitiv beantworten können. "Who knows the beginning and who knows the end" (1976) lautet der vielsagende Werktitel einer seiner späten, mehrteiligen Papierarbeiten und Palermo könnte keinen besseren Titel für sein gesamtes Œuvre wählen, das sich durch einen offenen Werkprozess auszeichnet, der "vollendet sein [kann], obwohl alle Formen wie unfertig wirken, und umgekehrt hat Palermo fertig erscheinende Bilder doch immer wieder übermalt." (Erich Franz, in: Palermo - who knows the beginning and who knows the end?, Ausst.-Kat. Westfälisches Landesmuseum Münster / Kunstmuseum St. Gallen, 2011, S. 27). Selbst Palermos plötzlicher, viel zu früher Tod mit erst 33 Jahren, welcher der vorliegenden Arbeit wie dem gesamten Œuvre ein abruptes Ende setzt, fügt sich damit letztlich stimmig in ein faszinierendes künstlerisches Schaffen ein, das sich sowohl im Einzelnen wie auch in seiner Gesamtheit jeglicher rationalen Regelhaftigkeit und Planbarkeit entzieht und uns bis heute mit seiner einzigartigen Aura in seinen Bann zieht.
Mythos Palermo - Es hätte noch so viel Bedeutendes kommen können ...
Blinky Palermo und sein Werk sind heute ein internationaler Mythos. Er ist das viel zu früh verstorbene Ausnahmetalent, seine Unangepasstheit und seine enorme schöpferische Kraft bildeten ein künstlerisches Potenzial, von dem noch hätte so viel Bedeutendes kommen können. Unser kraftvoll-befreites, mehrteiliges Werk ist der Aufbruch in eine neue Werkphase und damit neben nur einer vergleichbaren vierteiligen Arbeit in Gelb (Privatsammlung Deutschland) die einzige Arbeit Palermos, die eine Art Ausblick liefert, auf das, was da noch hätte folgen sollen. Der Kunsthändler Franz Dahlem, der ab 1964 mit Palermo befreundet war, hat betont, dass die Zeit für Palermo noch nicht gekommen war, dass er seiner Zeit und dem Kunstwollen der damaligen Gesellschaft in tragischer Weise voraus gewesen sei: "Deswegen haben wir in Deutschland diese Tragödie, dass unsere wichtigen und bedeutenden Künstler oft sehr früh sterben. Da sagt man dann, der ist im Ersten Weltkrieg gefallen, oder Palermo ist in Sri Lanka gestorben wegen irgendwas. Da wird dann herumgerätselt warum, wegen Drogen oder sowas. Jimmy Hendrix oder Janis Joplin sind gestorben, weil sie einen dicken Schuß genommen haben - alles Quatsch! Sie sind wieder weggenommen worden [...] weil nicht genügend Kraft da war in dieser Gesellschaft [...]." (zit. nach: Digne M. Marcovicz (Hrsg.), "To the people..." Sprechen über Blinky Palermo, Köln 2003, S. 127). [JS]
Klein und von herausragender kunsthistorischer Bedeutung ist das Œuvre, das Blinky Palermo in den 15 Jahren vor seinem plötzlichen Tod mit erst 33 Jahren geschaffen hat. 1977 stirbt Palermo während einer Reise mit seiner Freundin Babett auf die Malediveninsel Kurumba. Bis dahin hat er ein mutiges Werk geschaffen, dessen stilistische und formale Progressivität nicht nur für herausragende Künstlerpersönlichkeiten seiner Generation, wie Gerhard Richter oder Imi Knoebel, sondern auch für nachfolgende Künstlerpersönlichkeiten prägend war. Palermo, der eigentlich Peter Heisterkamp hieß, wurde 1964 kurz nach seinem Eintritt in die Beuys-Klasse an der Kunstakademie Düsseldorf aufgrund seines lässigen Auftretens mit Sonnenbrille und Lederjacke und seiner angeblichen Ähnlichkeit zu dem mafiösen amerikanischen Boxmanager Frank "Blinky" Palermo zunächst für seine Kommilitonen und bald darauf für alle zu Blinky Palermo. Bereits 1964 überwindet Palermo mit dem gut zwei Meter hohen, schmalen bemalten Stab "Ohne Titel" seine studentischen Experimente und schafft aus dem Stand eine mutige Definition seines neuartigen Bildbegriffes. "Es ist eine Provokation: Die Farbe verhält sich wie in einem Gemälde, aber das Objekt lässt ihr keinen Platz, als ein 'Bild' zu wirken." (Erich Franz, Palermo - Freiheit des Sehens, in: Palermo - who knows the beginning and who knows the end?, Ausst.-Kat. Landesmuseum Münster / Kunstmuseum St. Gallen, 2011, S. 15). 1965 stellt er erstmals unter dem Künstlernamen Blinky Palermo aus, und noch bevor er 1967 das Studium abschließt folgen erste Einzelausstellungen. 1972 folgt seine Ausstellungsbeteiligung auf der documenta 5 in Kassel, auf der unter anderem auch der Amerikaner Robert Ryman mit frühen monochrom-strukturierten Arbeiten vertreten ist. Während Palermos kurzes Leben äußerst intensiv und rastlos war, er keine Gelegenheit und vor allem keine Party auslassen konnte, zeichnet sich sein Werk von Beginn an durch eine faszinierende Geschlossenheit und Stringenz aus. Der komplexe, experimentelle Umgang mit Form und Farbe, deren maximale Entgrenzung Palermo sucht, ist in all seinen Schaffensphasen spürbar. Palermo hat Malerei und Objektkunst zusammengedacht, neue Formate entwickelt, minimalistische Wandgemälde geschaffen, unter anderem in seinen Stoff- und Metallbildern neue Bildträger erschlossen und dabei Kunst und Raum stets als Einheit gedacht.
Palermos letzte Werkphase (1974-1977) - Mehrteiligkeit auf Metall als Essenz und Höhepunkt seines Schaffens
Das Œuvre, das Palermo 1977 der Nachwelt hinterlassen hat, lässt sich insgesamt in drei Schaffensphasen untergliedern: Im Frühwerk (1962-1967), das während seiner Studienzeit an der Kunstakademie Düsseldorf entsteht, beginnt Palermo die Möglichkeiten der malerischen Mittel in Form von Leinwand-, Objekt- und ersten Stoffbildern auszuloten. Eine zweite Schaffensphase umfasst die Jahre 1968-1973, in der er die Malerei in seinen Stoffbildern sowie seinen raumgreifenden Wandbildern weiter in Richtung einer reinen Färbung oder eines reinen Anstrichs minimalisiert und in den Raum weitet. Palermos zentrales Bestreben ist dabei die Befreiung der Farbe aus ihren formalen wie materiellen Begrenzungen der Form und des Bildträgers. Neben monochromen, geometrischen Wandgestaltungen, die heute leider fast alle nicht mehr erhalten sind, entstehen in dieser Zeit "shaped canvases" und mehrteilige Wandobjekte, die deutliche Parallelen zum zeitgleichen Schaffen der amerikanischen Minimal Art und des Hard Edge zeigen. Wie etwa Frank Stella, Barnett Newman, Brice Marden oder Walter de Maria versucht auch Palermo in den 1960er Jahren die formalen Grenzen des klassischen Tafelbildes hinter sich zu lassen und Kunst und Raum in Beziehung zu denken. Palermo, der in diesen Jahren auch Barkeeper im legendären Künstlerlokal Creamcheese war und Nächte lang nur Flipper spielte, entwickelt reduzierte künstlerische Schöpfungen, die, teils im Riesenformat, teils objekthaft, teils direkt auf die Wand gemalt, in Interaktion mit dem sie umgebenden Raum treten.
Es folgt Palermos letzte, reife und überwiegend in den USA entstandene Schaffensphase von 1974 bis zu seinem frühen Tod 1977, aus der unsere Arbeit auf Aluminium stammt. Es ist das letzte Werk, das Palermo vor seiner Abreise auf die Malediven geschaffen hat. Die formal wie stilistisch vollkommen neuartige, 8-teilige Arbeit ist durch Fotoaufnahmen, die Palermos Freund Imi Knoebel direkt nach dessen Tod in seinem Düsseldorfer Atelier angefertigt hat, dokumentiert. Palermo hatte die Räumlichkeiten in der Harkottstraße 1976, nach seiner Rückkehr aus New York, von seinem Künstlerfreund Gerhard Richter übernommen. Palermos letzte Werkphase ist die Hochphase seines Schaffens, sie bildet die Summe alles Vorangegangenen. Palermo arbeitet nun fast ausschließlich mehrteilig und es entstehen seine ersten multiplen Malereien auf Stahl und anschließend auch auf dünnen, scheinbar vor der Wand schwebenden Aluminiumplatten. In diesen äußerst selten angebotenen mehrteiligen Arbeiten auf Metall ist es Palermo durch die Härte und Undurchlässigkeit des Bildträgers erstmals gelungen, den Eigenwert der Farbe in maximaler Befreiung von Wand und Bildträger zu inszenieren. Palermo hat in diesen Werken, als deren Höhepunkt die insgesamt 40 Aluminiumtafeln umfassende Werkreihe "To the people of New York City" (1976/77, Dia Art Foundation, New York) mit streng geometrischen, flächigen Kompositionen in Cadmium-Rrot, Gelb und Schwarz gilt, sein Bestreben nach der Entgrenzung der Farbe auf die Spitze getrieben und technisch wie formal etwas vollkommen Neues gewagt. Dies sollte für das spätere Schaffen Imi Knoebels, Gerhard Richters oder Günther Förgs in zentraler Weise prägend sein. Die präzis definierte Abfolge von Bild und Wand kann als Rhythmus begriffen werden, der Farbfläche und immateriellen Raum miteinander verknüpft. Zentrale Anregungen hat Palermo hier aus der amerikanischen Jazzmusik und seiner Begeisterung für Thelonious Monk und Stevie Wonder gewonnen. Mit Metallbildern ist Palermo 1975 auf der XIII. Biennale in São Paulo vertreten. 1976 - direkt vor Entstehung der vorliegenden Arbeit - inszeniert Palermo ein mehrteiliges Werk im Deutschen Pavillon auf der XXXVII. Biennale in Venedig. Palermo ist auf dem Höhepunkt seines Schaffens.
Bereits im Rückblick auf die erste Palermo-Ausstellung in der Galerie Heiner Friedrich und Dahlem in München (1966) hat Franz Dahlem den vollkommen neuartigen Charakter von Palermos Kunst betont: "Und dann kam die Ausstellung, die sich von unseren 15 vorherigen stark unterschied. Palermo hatte seine Sachen durch die Spedition nach München schicken lassen. Sie lagen unausgepackt in der Galerie herum. Zum Teil waren es ja mehrteilige Arbeiten, die wir allein nie hätten installieren können. Denn wir hatten gar nicht gewußt, dass ein Kunstwerk mehrteilig sein kann, das gab es bis zu diesem Zeitpunkt nicht. [...] Es waren ja keine Altargemälde, sondern es waren monochrome oder abstrakte Arbeiten, die mehrteilig waren." (zit. nach: Digne M, Marcovicz (Hrsg.), "To the people..." Sprechen über Blinky Palermo, Köln 2003, S. 118f.).
Eine 8-teilige Metallarbeit von schwebender Leichtigkeit und sinnlicher Frische - Aufbruch in eine neue Werkphase vor Palermos unerwartetem Tod
"Bei zwei Serien auf kleinen Aluminiumtafeln hat Palermo offensichtlich etwas Neues begonnen. Offene, durchlässige, fast wolkige Farberscheinungen, wie er sie bisher nur als 'Zeichnung' auf dem Papier realisiert hat, agieren mit Bezug auf die festen Tafeln. [...] Eine zweite Folge ist noch ungewöhnlicher; sie besteht aus acht kleinen Tafeln, die vollflächig mit zitronigem Gelb über weißer Grundierung bemalt sind. Die ersten vier zeigen in diesem Gelb wie hingewehte, breite grüne Pinselstriche, die anderen vier haben keine weitere Bemalung. [...] Es gibt bei Palermo keine vergleichbare Arbeit [...] man spürt in diesen Werken einen neuen Ansatz, lichthafte Farbe, ganz mühelos sich andeutend, eine Befreiung - vielleicht." (Erich Franz, in: Palermo - who knows the beginning and who knows the end?, Ausst.-Kat. Westfälisches Landesmuseum Münster / Kunstmuseum St. Gallen, 2011, S. 27) Schwebend und ausgesprochen filigran ist der Charakter dieser acht Farbtafeln, die in ihrer fein orchestrierten Abfolge zu einem wunderbaren Farbklang verschmelzen, der die spirituelle Kraft der Farbe erfahrbar werden lässt. Wie flüchtig dahingeweht erscheint das vollflächig auf die weiße Grundierung gesetzte zitronige Gelb; auf den ersten vier Tafeln wird es noch von breiten Pinselstrichen in sanftem Grün durchzogen, in denen sich noch die horizontale, vertikale und diagonale Gliederung der vorangegangenen, streng geometrischen, aus der suprematistischen Malerei Malewitschs und des amerikanischen Hard Edge entwickelten Arbeiten erkennen lassen. Gerade durch die Gegenüberstellung dieser Tafeln mit den vier monochromen ergibt sich das Empfinden einer spannungsvollen Leere, des Bewusstseins für die Abwesenheit von Form, die auf den zitronengelben Tafeln wie aus dem Formatausschnitt herausgerutscht erscheint. Durch diese Ausschnitthaftigkeit und subtile Disbalance entsteht eine kompositionelle Bewegung der Farbe, scheinbar festgehalten in einem flüchtigen Moment. Auf dünne, vor der Wand schwebenden Aluminiumtafeln gesetzt, scheint sich die Materialität des Bildträgers aufzulösen und sich die vom Bildgrund emanzipierte Farbe mit dem umgebenden Raum zu verbinden. Die von Palermo durch die Nummerierung verso präzise definierte Abfolge von Bild und Wand ergibt einen optischen Rhythmus, der Farbfläche und immateriellen Raum miteinander verknüpft. Bis dato waren Palermos Arbeiten auf Aluminium überwiegend vierteilig, die vorliegende Arbeit ist sein erstes und zugleich sein letztes 8-teiliges Werk. Für diese rhythmisierte Mehrteiligkeit und vor allem für die vollkommen darstellungsbefreite, duktusstrukturierte Monochromie, die in der vorliegenden späten und sogar letzten Arbeit Palermos verstärkt an Bedeutung gewinnt, hat die Malerei des Amerikaners Robert Ryman sicherlich zentrale Anregungen geliefert. Ryman war bereits 1972 gemeinsam mit Palermo auf der documenta 5 vertreten und sein duktusgetragenes Schaffen muss für Palermo im Zuge seines Amerika-Aufenthaltes (1974-1976) nochmals an Bedeutung gewonnen haben. Palermo hätte seinen Aufbruch zu neuem Ausdruck künstlerisch wohl kaum besser dokumentieren können, als er es in der vorliegenden Arbeit sanft und doch kraftvoll getan hat. Bedauerlicherweise wissen wir heute nicht, was noch gefolgt wäre, wie die künstlerische Entwicklung Palermos weitergegangen wäre. Von seiner Reise auf die Malediven ist der junge Künstler nicht mehr zurückgekehrt. Die vorliegende mehrteilige Arbeit ist das letzte Werk dieses Ausnahmetalentes und befand sich nach Palermos Tod in seinem Düsseldorfer Atelier. Palermo berichtet seiner Freundin Babett gleich nach seiner Ankunft auf den Malediven von einem grün-gelben, mehrteiligen Werk: "Wir sind [...] ins Hotel gefahren. Wir legten uns dort aufs Bett, und Blinky erzählte mir von seiner Reise, dem Zwischenaufenthalt in Karatschi, von den großen menschlichen Enttäuschungen, die er in den letzten Tagen erfahren hatte. Er sprach davon, dass er für mich gerade ein grün-gelbes, mehrteiliges Bild gemalt hatte. Und er schilderte mir sehr eindringlich den Besuch von Franz Dahlem. Danach ist es uns besser gegangen und wir sind ans Meer. Blinky trug eine Badehose, die mit Dollarnoten bedruckt war." (Babett Scobel, in: Digne M. Marcovicz (Hrsg.), "To the people..." Sprechen über Blinky Palermo, Köln 2003, S. 46). Auch das deckt sich mit dem mutigen, geradezu beflügelten künstlerischen Neuansatz, denn Palermo hatte Babett erst 1976 kennengelernt und mit ihr nach der Trennung von seiner Frau Kerstin noch einmal einen für ihn mutigen Neuanfang in einer Beziehung gewagt. Es überrascht also nicht, dass die Dynamik, Spontanität und Leichtigkeit der Bildsprache in dieser letzten Arbeit Palermos deutliche Parallelen zu seiner in New York entstandenen Werkfolge auf Papier "Happier than the morning sun (to Stevie Wonder)" (1975, u. a. Tate Modern, London) aufweist. Was noch hätte folgen sollen in Palermos Schaffen, lässt sich nur vermuten, unser von aller formalen Strenge befreites 8-teiliges Gemälde ist der kraftvolle Beginn eines neuen Kapitels. Die in der Palermo-Forschung diskutierte Frage jedoch, ob diese letzte Arbeit Palermos möglicherweise noch nicht ganz abgeschlossen war, muss, wie auch die genaue Ursache für Palermos plötzlichen Tod auf der Malediveninsel Kurumba, eines der Rätsel um Palermo bleiben. Hätte er hier nach seiner Rückkehr möglicherweise noch einmal ansetzen, noch einmal übermalen wollen? Diese Frage wird wohl unbeantwortet bleiben müssen, denn allein das Fehlen einer Signatur liefert hierfür keinen Hinweis, da Palermo mehrfach unsignierte Arbeiten direkt oder auch über die Galerie Heiner Friedrich veräußert hat und auch bei den signierten Werken - wie bei zahlreichen anderen Künstlern - die Signatur meist erst für den Verkauf oder mit der Weitergabe an den Galeristen erfolgt ist. Hätte er hier also nach seiner Rückkehr von den Malediven noch einmal Hand angelegt? Wir wissen es nicht und wahrscheinlich hätte Palermo selbst diese Frage vor seiner Abreise nicht definitiv beantworten können. "Who knows the beginning and who knows the end" (1976) lautet der vielsagende Werktitel einer seiner späten, mehrteiligen Papierarbeiten und Palermo könnte keinen besseren Titel für sein gesamtes Œuvre wählen, das sich durch einen offenen Werkprozess auszeichnet, der "vollendet sein [kann], obwohl alle Formen wie unfertig wirken, und umgekehrt hat Palermo fertig erscheinende Bilder doch immer wieder übermalt." (Erich Franz, in: Palermo - who knows the beginning and who knows the end?, Ausst.-Kat. Westfälisches Landesmuseum Münster / Kunstmuseum St. Gallen, 2011, S. 27). Selbst Palermos plötzlicher, viel zu früher Tod mit erst 33 Jahren, welcher der vorliegenden Arbeit wie dem gesamten Œuvre ein abruptes Ende setzt, fügt sich damit letztlich stimmig in ein faszinierendes künstlerisches Schaffen ein, das sich sowohl im Einzelnen wie auch in seiner Gesamtheit jeglicher rationalen Regelhaftigkeit und Planbarkeit entzieht und uns bis heute mit seiner einzigartigen Aura in seinen Bann zieht.
Mythos Palermo - Es hätte noch so viel Bedeutendes kommen können ...
Blinky Palermo und sein Werk sind heute ein internationaler Mythos. Er ist das viel zu früh verstorbene Ausnahmetalent, seine Unangepasstheit und seine enorme schöpferische Kraft bildeten ein künstlerisches Potenzial, von dem noch hätte so viel Bedeutendes kommen können. Unser kraftvoll-befreites, mehrteiliges Werk ist der Aufbruch in eine neue Werkphase und damit neben nur einer vergleichbaren vierteiligen Arbeit in Gelb (Privatsammlung Deutschland) die einzige Arbeit Palermos, die eine Art Ausblick liefert, auf das, was da noch hätte folgen sollen. Der Kunsthändler Franz Dahlem, der ab 1964 mit Palermo befreundet war, hat betont, dass die Zeit für Palermo noch nicht gekommen war, dass er seiner Zeit und dem Kunstwollen der damaligen Gesellschaft in tragischer Weise voraus gewesen sei: "Deswegen haben wir in Deutschland diese Tragödie, dass unsere wichtigen und bedeutenden Künstler oft sehr früh sterben. Da sagt man dann, der ist im Ersten Weltkrieg gefallen, oder Palermo ist in Sri Lanka gestorben wegen irgendwas. Da wird dann herumgerätselt warum, wegen Drogen oder sowas. Jimmy Hendrix oder Janis Joplin sind gestorben, weil sie einen dicken Schuß genommen haben - alles Quatsch! Sie sind wieder weggenommen worden [...] weil nicht genügend Kraft da war in dieser Gesellschaft [...]." (zit. nach: Digne M. Marcovicz (Hrsg.), "To the people..." Sprechen über Blinky Palermo, Köln 2003, S. 127). [JS]
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Blinky Palermo
Ohne Titel, 1976/77.
Acryl auf Aluminium, 8-teilig
Schätzpreis: € 600.000 - 800.000
Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung zu Blinky Palermo "Ohne Titel"
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