Auktion: 294 / Wertvolle Bücher am 23./24.05.2005 Lot 45

 
Stundenbuch - Pergamenthandschrift mit 11 Miniaturen (wohl Paris, ca. 1450-60).


45
Stundenbuch
Pergamenthandschrift mit 11 Miniaturen (wohl Paris, ca. 1450-60)., 1450.
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 46.800

(inkl. Käuferaufgeld)
Lateinisches und französisches Stundenbuch zum Gebrauch von Paris. Manuskript auf Pergament. Wohl Paris, ca. 1450-60. 171 Bll. (inkl. 1 w. Bl.) sowie 5 w. Vor- und Nachbll. Blattgröße 186 : 135 mm, Schriftspiegel 108 : 65 mm. Littera textualis, geschrieben in brauner bis schwarzbrauner Tinte. 15 Zeilen, regliert.Mit 11 großen Miniaturen umgeben von Rankenwerkbordüren aus farb. Akanthusblättern, Blumen und Goldblättchen; jede Seite mit breiter Randleiste (108 : 35 mm) aus Rankwerk mit Goldblättchen, farb. Blumen und Früchten; sowie 2 Seiten mit drei- und 1 Seite mit vierseitiger Bordüre. Ferner mit 8 4-zeiligen und 6 3-zeiligen Prachtinitialen sowie zahlreichen 1-2-zeiligen Initialen und Zeilenfüllern, sämtlich in Gold und Farben. Roter Maroquinband des frühen 18. Jhs. mit reicher floraler RVerg., dreifachen goldgepr. Deckelfileten, Steh- und Innenkantenverg., GGoldschnitt sowie goldgepr. Wappensupralibros von L. U. de Caumartin. In neuer Maroquin-Kassette.
Außerordentlich prachtvolles und aufwendig gestaltetes Stundenbuch mit 11 Miniaturen im Stil des Meisters der Münchener Goldenen Legende. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde die Illumination nach der Blütezeit des Meisters ausgeführt, die etwa zwischen 1430 und 1440 anzusetzen ist. Vgl. die Miniaturen der Handschrift Morgan M.282, deren Künstler von John Plummer ('The Last Flowering', 1982) als ein "Nachfolger des Meisters der Münchener Goldenen Legende" bezeichnet wird. - Die von breiten Bordüren eingefaßten Miniaturen sind von hoher handwerklicher Qualität und haben eine reich mit architektonischen und landschaftlichen Details versehene Staffage. Sie zeigen im einzelnen:

Bl. 26: Verkündigung an Maria. Seitlich mit 5 kleinen Miniaturen in Medaillonform: Verkündigung Joachim; Begegnung am goldenen Tor; Darbietung der Hl. Magd im Tempel; die Hl. Magd beim Spinnen; Vermählung Mariae und Josefs.
64vo: Verkündigung an die Hirten.
69rc: Anbetung durch die Hl. Drei Könige.
73vo: Darbringung im Tempel.
78rc: Flucht nach Ägypten.
85rc: Marienkrönung.
92rc: König David im Gebet.
110vo: Pfingsten.
113vo: Beerdigung Mariens.
162rc: Thronende Muttergottes.
168rc: Weltgericht.

Das Marien-Offizium ist eingeteilt nach dem Gebrauch von Paris. Das Kalendarium hebt besonders die für Paris typischen Schutzpatrone Geneviève, Denis und Louis hervor. Die Handschrift gliedert sich wie folgt:

1rc-12vo: Kalendarium
13rc-18rc: Evangelienlesungen
18vo-22rc: Obsecro te
22vo-25rc: O intemerata
26rc-90rc: Horae Beatae Mariae Virginis
92rc-104rc: Bußpsalmen
104rc-(110rc): Litanei
110vo-113rc: Horae D. Crucis
113vo-161vo: Totenofficium
162rc-167vo: Doulce dame
168rc-171rc: Doulce dieu

Der schöne Wappeneinband stammt aus der Bibliothek von Louis-Urbain le Caumartin (1653-1720), Marquis de St. Ange, Aristokrat am Hof Ludwigs XIV., wo er von 1690-1715 das Amt des Finanzpräsidenten bekleidete. Der weltgewandte Caumartin war u. a. mit Voltaire und Esprit Fléchier befreundet, seine Bibliothek auf Schloß St. Ange bei Fontainebleau war bekannt für ihre erlesenen Stücke, "une bibliothèque remarquable tant par le choix des ouvrages que par la beauté des reliures." (Oliver/Hermal 651, das Wappen unter der Nr. 2). - Im 19. Jh. gelangte die Handschrift in die Bibliothek von George Robertson (flieg. Vorsatz mit dessen gest. Wappenexlibris).

Von sehr guter Gesamterhaltung, breitrandig und nahezu fleckenfrei. Kalendarium im Oberrand etw. sporfleckig und wenige Bll. gering fingerfleckig, Miniaturen tlw. etw. knapp beschnitten, das deckende Weiß tls. leicht berieben; 1 Bl. mit kl. Einriß, 3 Bll. mit kl. Fehlstelle i. w. R. - Die Bll. 25 rc u. vo, 90vo und 91 rc u. vo nicht ausgeführt.

Aufgrund der 11 prachtvollen, sorgfältig und meisterlich ausgeführten Miniaturen, der sehr reichen Buchausstattung mit feinem und detailliertem Rankenwerk ein ungewöhnlich schönes Pergamentmanuskript von hohem künstlerischen Rang, wohl erhalten und von bemerkenswerter Provenienz.
Siehe auch den Ausstellungskatalog 'Wahre Wunder - Sammler & Sammlungen im Rheinland', hrsg. von S. Gohr, in dem unsere Handschrift unter der Nummer K7 beschrieben und abgebildet ist.Remarkably well preserved Latin and French Book of Hours for the use of Paris, about 1450. Manuscript on vellum, beautifully illustrated with 11 large miniatures in gold and rich colours, surrounded by tendril borders with col. acanthus leaves, flowers and gilt leaves. Each page with broad border made up of tendrils with gilt leaves, col. flowers and fruit. Further 2 pages with three- and 1 page with four-sided border, as well as 8 four-line and 6 three-line flourish initials, numerous 1-2-line initials and line-filler, all in gold and colours. - 171 leaves (incl. 1 blank) and 5 blank front- and end-leaves. Sheet-size 186 : 135 mm. - Early 18th century red morocco with gilt spine, boards with gilt fillets, gilt foot-stick, gilt inside border, gilt edges and gilt armorial centrepiece of the French aristocrat and bibliophile L. U. de Caumartin (1653-1720), director of finance under Louis XIV. - Calendar somewhat stained by mildew in upper margin, minor fingerstaining to few leaves, miniatures partly cropped close, 1 leaf with small tear, 3 with small defective spot in the white margin, 3 leaves not executed. Fine manuscript with broad margins. Engraved coat-of-arms bookplates.




45
Stundenbuch
Pergamenthandschrift mit 11 Miniaturen (wohl Paris, ca. 1450-60)., 1450.
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 46.800

(inkl. Käuferaufgeld)