Auktion: 300 / Klassiker des XX.Jahrhunderts am 02.06.2006 Lot 136.10

 



136.10
Ernst Wilhelm Nay
Balance, 1961.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 70.000
Ergebnis:
€ 83.300

(inkl. Käuferaufgeld)

Balance. 1961.
Öl auf Leinwand.
Scheibler 988. Rechts unten signiert und datiert. Verso nochmals signiert. Auf dem Keilrahmen hs. bezeichnet, datiert, betitelt, mit den Maßangaben und Richtungspfeil versehen. 92 x 73 cm ( 36,2 x 28,7 in).

PROVENIENZ: M. Knoedler & Co., Inc., New York 1978.
Galerie Thomas, München 1978.
Privatbesitz Nordrhein-Westfalen.

Ausstellung: M. Knoedler & Co., Inc., New York 1962, Kat.Nr. 13.
E.W. Nay, Galerie Beyeler, Basel, 3.6.-31.9.2000, Kat.Nr. 18 (auf dem Rahmen mit dem Etikett).
Galerie Neher, Essen (auf dem Rahmen mit dem Etikett).

Ernst Wilhelm Nay studiert von 1925-28 an der Berliner Hochschule für Bildende Künste bei Karl Hofer. 1931 erhält er ein neunmonatiges Stipendium für die Villa Massimo in Rom, wo seine surrealistisch-abstrakten Bilder entstehen. Durch Vermittlung des Lübecker Museumsdirektors C.G. Heise erhält Nay ein von Edvard Munch finanziertes Arbeitsstipendium, das ihm 1937 einen Aufenthalt in Norwegen und auf den Lofoten ermöglicht. In den dort entstandenen "Fischer- und Lofotenbildern" erreicht sein Schaffen einen ersten Höhepunkt. Die künstlerische Verarbeitung der Kriegs- und Nachkriegszeit vollzieht sich 1945-48 in den "Hekatebildern", in denen Motive aus Mythos, Legende und Dichtung anklingen. In den "Fugalen Bildern" aus den Jahren 1949-51 kündigt sich in den glühenden Farben und verschlungenen Formen ein Neubeginn an. 1950 zeigt die Kestner-Gesellschaft Hannover Nays erste Retrospektive. Ein Jahr später übersiedelt der Künstler nach Köln. Hier vollzieht der Künstler den endgültigen Schritt zur ungegenständlichen Malerei.

Wichtigstes Charakteristikum für Nays Gemälde ist die rhythmische Gestaltung der Bildfläche allein durch die Farbe. Eine wichtige Rolle gleichsam als Batterien bildnerischer Energie und spannungsstiftender Elemente nehmen neben den Linienstrukturen die Punkte ein. Mit ihrer malerischen Erweiterung zu Scheiben eröffnen sie ab 1954 Nays berühmteste Werkphase, die der sog. "Scheibenbilder". In unserem Gemälde von 1961 stehen sich die mit großzügigen Pinselschwüngen aufgetragenen Scheiben als gebündelte Energiefelder gegenüber. Rote und blaue Farbflächen in den diagonal gegenüberliegenden Ecken schaffen das kompositorische Gleichgewicht, die Balance. Ist der Kreis Sinnbild einer universalen Rotation, so bündelt die Scheibe die Gestaltungskräfte, Farbvolumina und gibt Richtungswerte an. Ähnlich dem Kreis ruht sie in sich, kann aber auch wegrollen oder aufgesprengt werden. Sie wird zum Existenzial, in dem Nay die Möglichkeit sieht, die elementaren Kräfte des Menschen zum Ausdruck zu bringen. "Auf die Frage, wie er zur Gestaltform der Scheibe gekommen sei, antwortet Nay, daß für ihn die natürliche Ausbreitung einer Farbe im Prozeß des Malens der Kreis sei. Versuche er, den ersten Farbfleck auf der Leinwand zu vergrößern, führe seine Hand ganz unwillkürlich den Pinsel in kreisrunder Bewegung, so daß eine Scheibe entstehe. Diese so einfache, aus dem artistischen Handwerk gewonnene Erfahrung machte er sich zum Prinzip, das ihn zu einer genialen Vereinfachung seiner Kunst führte." (Elisabeth Nay-Scheibler, in: Scheibler, S. 62).

Am 8. April 1968 stirbt der Künstler in Köln. [AS]




136.10
Ernst Wilhelm Nay
Balance, 1961.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 70.000
Ergebnis:
€ 83.300

(inkl. Käuferaufgeld)