Auktion: 516 / Wertvolle Bücher am 31.05.2021 in Hamburg Lot 43

 

43
Wilhelm Phil. Ludw. Beuschel
Tagebuch aus dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, 1777.
Schätzung:
€ 8.000
Ergebnis:
€ 8.750

(inkl. Käuferaufgeld)
Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg

Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg
Tagebuch des Grenadiers Wilhelm Philipp Ludwig Beuschel aus Marktsteft in Unterfranken. Deutsche Handschrift auf Papier. 28. II. 1777 bis 4. XII. 1783, fortgesetzt 21. V. 1787 bis 16. XII. 1793.

- Historisch einmaliges Dokument aus der Feder eines Augenzeugen
- Eine interessante Quelle zur Geschichte der Subsidienregimenter deutscher Kleinfürsten im 18. Jahrhundert


"Wir glaubten daß sich die ganze Hölle auf diesem Plaz eingefunden um uns zu verschlingen"
Markgraf Carl Alexander von Ansbach-Bayreuth (1736-1806) sah in der "Vermietung" seiner Soldaten an die britische Armee eine Möglichkeit, seinen kleinen Staat von seinen hohen Steuerschulden zu befreien, so lieferte er im Verlauf des Unabhängigkeitskrieges insgesamt fast 2400 Mann zur Unterstützung der englischen Truppen nach Amerika. Die ersten fränkischen Subsidienregimenter wurden 1777 über den Atlantik nach Staten Island verschifft und von dort der britischen Armee bei New York zugeführt, als deren Teil sie an verschiedenen Schlachten des nördlichen Feldzugs teilnahmen; darunter bei der entscheidenden Schlacht von Yorktown 1781, die für den britischen General Cornwallis mit einer Niederlage endete und 1783 zur Anerkennung der Unabhängigkeit Amerikas durch die britische Krone führte. - Der Handwerker Wilhelm Ph. L. Beuschel (1747-1826) schildert nach einem kurzen autobiogr. Abriß über seine Herkunft und Berufsausbildung, wie er nach seiner Zwangsrekrutierung als Grenadier im Regiment unter dem Kommando von A. V. von Voit 1777 als Teil der Ansbach-Bayreuther Truppen nach Amerika verschifft wird, von wo er erst nach der Kapitulation der britischen Truppen und Gefangenschaft 1783 wieder nach Deutschland zurückkehren kann. Beuschels Tagebuchnotizen liefern mit knappen Informationen ("passierte nichts merckwürdiges") bis zu ausführlichen Passagen ein lebendiges Abbild der Gegebenheiten, so z. B. über die Meuterei der unwilligen Truppen auf dem Rhein, Atlantiküberfahrt und Landung, die ständige Bewegung und Lagerung der Truppen in der Gegend um New York, Philadelphia und Richmond, militär. Vorkommnisse und Feindbewegungen ("den 23ten Juny [1777] wurden unsere Reg. dem General Howe vorstellig gemacht. General Washington der das Haupt der Americaner Armee war merkte das wir die Jersey verlasen und über den Kills-Flus [d.i. der Saw Kill River, Nebenfluß des Hudson], welcher Staaden Eyland von der Jesery scheidet begeben wollten, er näherte sich bereits mit einem Theil seiner Armée uns beyn übersezen zu beunruhigen und ließ bereits unseren Vorposten attaqiern welche sich aber tapfer hielten .."), beschreibt Städte und Landschaften ("New-Yorck ist ein sehr arthiger Orth, liegt harte an einem Berg an der linke seyte lauft ein Fluß der um die Insel Bergen laufft und in den Kills fluß fällt .."), lokale Eigentümlichkeiten (".. d. 25ten November 1777 marschierten wir bis an die Dellawar River und lagerten uns an Glochester [d. i. Gloucester City]. Hier sahen wir Philadelphia auf der anderen Seite liegen, wir gingen in die Häuser, holten uns Lebensmittel als Potettes (Ertapfel), Donops [d. i. turnips], (Weiße ruben), auf den Äkern stunden auch Ertruben .."), Engpässe bei der Versorgung der Truppen ("Anno 1779 fingen wir ein sehr betrübtes Jahr an, die Proffisions Flotte blieb aus, daher einer sehr große Noth unter uns als wie auch unter den Inwohnern [von Newport] entstund. Wir mußten von Haber Mehl welches ganz vertorben 28 tage lange brodt esen. Man darf es aber auch nicht zu solchen Mehl vergleichen wie es in Teutschland verfertigt wird .."), recht drastische Szenen aus den Kämpfen um Yorktown ([13. X. 1781] ".. ich erschrack als ich alles so zugerichtet sahe, wir erkandten keinen Menschen so war alles von Staub und Morast beteckt. Einem Grenad. nahmens Pählman war s. viel der rechten Arschbacken weggeschossen, einen ander Gren. draff ein Stuck Cannon auf die Prust das er sogleich todt dahin fiel .. einen hessischen Corp. zerschlug es in vielen Stücken ..Wir glaubten daß sich die ganze Hölle auf diesem Plaz eingefunden um uns zu verschlingen ..") und liefert so eine farbenreiche, detaillierte Chronik bis zur Kapitulation der britischen Truppen, Gefangenschaft durch die Amerikaner 1781 und zuletzt Rückkehr nach Europa und Deutschland Ende 1783. - Ein zweiter Abschnitt des Tagebuches mit den 2 Federzeichnungen) behandelt anschließend einen Einsatz der Ansbach-Bayreuther Truppen 1787-93 in den Niederlanden, wieder im Rahmen eines Subsidienhandels. - Ca. 24 Bll. des Manuskripts stammen von fremder Hand und enthalten einen Überlick über die nähere Familiengeschichte Beuschels 1812-1910; demnach lebte Wilhelm Beuschel noch bis 1826, zuletzt als "Kreißbereiter" (berittener Landpolizist) in Bayreuth.

EINBAND: Neuer Lederband. 21,5 : 18,5 cm. - ILLUSTRATION: Mit 2 (1 blattgr.) Federzeichnungen. - KOLLATION: 154 nn. Bll. - ZUSTAND: Ränder etw. gebräunt, insgesamt gut erhalten.

Dabei: Derselbe, Grundliste von des Hauptmann von Seitz Löbl. Grenadier-Compagnie Bayreuth .. 1777 vom Aus March [sic] derselben nach America, bis zum Ein March derselben .. 1783. Deutsche Handschrift auf Papier. 112 nn. Bll. Lederband der der Zeit in Papp-Steckschuber. 15, 5 : 9, 5 cm. - Die ebenfalls von Beuschel 1777-1783 geführte Grundliste gibt in Tabellenform einen Überblick über Truppenstärke, Zu- und Abgänge aus and. Regimentern sowie Verluste durch Verletzung, Tod oder Desertation. - Einbd. etw. beschabt, Schuber mit Gebrauchsspuren.

Diary by a Bavarian infantryman in the American Revolutionary War from 1777 to 1783. Together with a list of militairy troups. 2 volumes. New calf (diary) and contemp. calf (military list) in cardboard slipcase. - Paper margins slightly tanned, the contemp. binding somewhat rubbed and slipcase with traces of use. Overall well preserved.




43
Wilhelm Phil. Ludw. Beuschel
Tagebuch aus dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, 1777.
Schätzung:
€ 8.000
Ergebnis:
€ 8.750

(inkl. Käuferaufgeld)