300
Gottfried Benn
Brief an K. von Porada, 14. Aug. 1933
Schätzung:
€ 1.000 Ergebnis:
€ 1.063 (inklusive Aufgeld)
Gottfried Benn
Eigenhändiger Brief mit maschinenschriftlichem Gedicht und Unterschrift "B.". Ohne Ort (Berlin), 14. August 1933. 4 Seiten (Doppelblatt). 22 : 14 cm. Mit eigenhändigem Umschlag.
Persönlicher Brief an die Journalistin Käthe von Porada (1891-1985) in Forte dei Marmi di Lucca. Mit Gedicht.
"Dank für Ihren lieben Brief. Ihr Katarrh macht mir Kummer. Was ist das für ein Katarrh? Wo sitzt er? Bronchien oder Hals? Haben Sie Temperatur? Husten Sie? Ich war 3 Tage in Warnemünde, habe gebadet, war herrlich. Kam heute mittag zurück. Da der Ozean einheitlich ist und seine Wassermenge ohne Grenzen und Zollschranken und sich flutenweit vermischen kann, haben wir vielleicht in einer Welle gebadet wenn es dann noch die Welle war. ('Wir steigen in dieselben Flüsse und es sind doch nicht mehr dieselben Flüsse, wir sind und sind auch nicht' - Heraklit.) .. Nach Norden reise ich Ende August, Anfang September, es sei denn, dass meine Tochter Nele herkommt. Ich zittre davor, vor beidem, ich als Vater: völlig widernatürlich, gezwungen, Prokrustesbett .. Dies ist wohl der letzte Brief nach Forte. Wie viel Geld haben Sie denn noch von Ihrem Vermögen? Hat das rote Kleid was eingebracht, vom Spesenstandpunkt aus betrachtet? Ich meine Gefallen, Glück, Furore, Sensation? Ich meine manches, aber alles im Rahmen und in Proportion zum 'reizenden Geschöpf', das ich so verehre und von dem ich sicher bin, dass es die zarteste und kultivierteste Lady ist am Tyrrhenischen Meer. Und der ich mich zu Füßen lege als ihr treuer Bernhardiner .."
Auf den Innenseiten des Doppelblattes links eigenhändig, mit rotem Pfeil nach rechts: "Gedicht für Kati: herbstlich, südlich .. ". Auf der rechten Seiten maschinenschriftlich das Gedicht (9 Strophen zu je 4 Zeilen):
Durch jede Stunde
durch jedes Wort
blutet die Wunde
der Schöpfung fort
verwandelnd Erde
und tropft den Seim
ans Herz dem Werde
und kehret heim
(..)
Ein Tausch, ein Reigen,
ein Sagenlicht,
ein Rausch aus Schweigen
mehr giebt es nicht.
Abgedruckt in: Den Traum alleine tragen. Neue Texte, Briefe und Dokumente . Wiesbaden 1966. S. 133.
Autograph letter signed with typewritten poem. 4 pp. To the journalist Käthe von Porada (1891-1985) in Italy.(R)
Eigenhändiger Brief mit maschinenschriftlichem Gedicht und Unterschrift "B.". Ohne Ort (Berlin), 14. August 1933. 4 Seiten (Doppelblatt). 22 : 14 cm. Mit eigenhändigem Umschlag.
Persönlicher Brief an die Journalistin Käthe von Porada (1891-1985) in Forte dei Marmi di Lucca. Mit Gedicht.
"Dank für Ihren lieben Brief. Ihr Katarrh macht mir Kummer. Was ist das für ein Katarrh? Wo sitzt er? Bronchien oder Hals? Haben Sie Temperatur? Husten Sie? Ich war 3 Tage in Warnemünde, habe gebadet, war herrlich. Kam heute mittag zurück. Da der Ozean einheitlich ist und seine Wassermenge ohne Grenzen und Zollschranken und sich flutenweit vermischen kann, haben wir vielleicht in einer Welle gebadet wenn es dann noch die Welle war. ('Wir steigen in dieselben Flüsse und es sind doch nicht mehr dieselben Flüsse, wir sind und sind auch nicht' - Heraklit.) .. Nach Norden reise ich Ende August, Anfang September, es sei denn, dass meine Tochter Nele herkommt. Ich zittre davor, vor beidem, ich als Vater: völlig widernatürlich, gezwungen, Prokrustesbett .. Dies ist wohl der letzte Brief nach Forte. Wie viel Geld haben Sie denn noch von Ihrem Vermögen? Hat das rote Kleid was eingebracht, vom Spesenstandpunkt aus betrachtet? Ich meine Gefallen, Glück, Furore, Sensation? Ich meine manches, aber alles im Rahmen und in Proportion zum 'reizenden Geschöpf', das ich so verehre und von dem ich sicher bin, dass es die zarteste und kultivierteste Lady ist am Tyrrhenischen Meer. Und der ich mich zu Füßen lege als ihr treuer Bernhardiner .."
Auf den Innenseiten des Doppelblattes links eigenhändig, mit rotem Pfeil nach rechts: "Gedicht für Kati: herbstlich, südlich .. ". Auf der rechten Seiten maschinenschriftlich das Gedicht (9 Strophen zu je 4 Zeilen):
Durch jede Stunde
durch jedes Wort
blutet die Wunde
der Schöpfung fort
verwandelnd Erde
und tropft den Seim
ans Herz dem Werde
und kehret heim
(..)
Ein Tausch, ein Reigen,
ein Sagenlicht,
ein Rausch aus Schweigen
mehr giebt es nicht.
Abgedruckt in: Den Traum alleine tragen. Neue Texte, Briefe und Dokumente . Wiesbaden 1966. S. 133.
Autograph letter signed with typewritten poem. 4 pp. To the journalist Käthe von Porada (1891-1985) in Italy.(R)
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