Auktion: 496 / Evening Sale am 06.12.2019 in München Lot 135


135
Max Beckmann
Dressierte Bären, 1932.
Aquarell und Kohle
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 152.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Dressierte Bären. 1932.
Aquarell und Kohle.
Beckmann 54. Rechts unten signiert und datiert. Auf Bütten. 52,5 x 36 cm (20,6 x 14,1 in), blattgroß.
[SM].
• Beckmann-Aquarelle sind auf dem Auktionsmarkt äußerst selten.
• Das Hauptmotiv neben dem "Löwenbändiger" von 1930 aus der Sammlung Gurlitt.
• Eines von nur zwei Aquarellen aus der Welt des Zirkus mit dressierten Tieren.
• Die Vorzeichnung befindet sich in der National Gallery of Art, Washington D.C.
• Aus demselben Entstehungsjahr wie das berühmte Triptychon "Abfahrt" von 1932, Museum of Modern Art, New York.
• 1933 wird Beckmann aus der Städelschule entlassen.
• Bedeutende Ausstellungshistorie
.

PROVENIENZ: Sammlung Mathilde Q. Beckmann, New York (1950-1964).
Catherine Viviano Gallery, New York (ab 1964).
Grace Borgenicht Gallery, New York, 1988 (auf der Rahmenabdeckung mit dem Etikett).
William Kelly Simpson, New York.

AUSSTELLUNG: Deutscher Künstlerbund - Erste Ausstellung. Aquarelle Zeichnungen Bildhauerwerke, Kunstverein zu Kassel im Orangerieschloss.
Kunstverein Magdeburg 1933, Kat.-Nr. 10.
Max Beckmann, Retrospective Exhibition, City Art Museum, St. Louis und weitere Orte 1948/49, Kat.-Nr. 67, S. 98.
Max Beckmann. An Exhibition of Paintings Sculptures Watercolors and Drawings, Catherine Viviano Gallery, New York 1964/65, Kat.-Nr. 13.
Max Beckmann, Catherine Viviano Gallery, New York 1970, Faltblatt, Kat.-Nr. 4.
A Catalogue of Paintings Sculptures Drawnings & Watercolors by Max Beckmann, Catherine Viviano Gallery, New York 1973, Kat.-Nr. 37 (Abb.).
Max Beckmann, Aquarelle und Zeichnungen 1903 bis 1950, Bielefeld/Tübingen, Frankfurt am Main 1977/78, Kat.-Nr. 139, S. 56 (Abb., Titel: Tanzbären).
Max Beckmann, Die Frankfurter Jahre 1915-1933, Frankfurt am Main 1983/84, Kat.-Nr. 165, S. 260, 262 (Abb., Titel: Tanzbären).
Max Beckmann, Sculptures Drawings and Prints, Grace Borgenicht Gallery, New York 1989, Faltblatt, ohne Kat.-Nr. (Farbabb.).

Theater, Zirkus, Varieté, Karneval, Schauspieler, Tänzer, Musiker, Artisten, Clowns, Löwen, Bären: Bühne und Akteur sind ein zentrales Thema in Max Beckmanns Bilderwelt. "Max ging gern in den Zirkus und ins Varieté", erinnert sich Mathilde Quappi Beckmann, "wir haben viele Vorstellungen besucht, in Frankfurt wie in den meisten anderen Städten, in denen wir gelebt haben. Er war besonders von den bunt kostümierten Zirkusleuten beeindruckt. Die Geschicklichkeit, mit der sie bei den schwierigsten Nummern Balance hielten, machte die Akrobaten für ihn zu einer Art von höheren sich im Raum bewegenden Wesen." (zit. nach: Mathilde Q. Beckmann, Mein Leben mit Max Beckmann, München/Zürich 1985, S. 17) So sind für ihn in der Welt der Bühnen auch Metaphern für menschliches Handeln "versteckt", etwa die Unfreiheit der Existenz, die ständige Balance zwischen der Einwirkung von Kräften, ein Auffangnetz von Träumen und Gefühlen, eine Wunderkammer für einen kurzen Moment, die Realität des Tages zu vergessen und etwa einzutauchen in die faszinierende Arbeit des Dompteurs, gekleidet in schmucker Zirkusuniform. Ein erhobenes Haupt, direkter Blick, ausgestreckter Zeigefinger und die entspannt herabhängende Peitsche zur Not genügen, das höchst unnatürliche Geschehen machtvoll zu dirigieren, das kräftige Tier in aufrechter, beinahe bittstellerischer wie possierlicher Haltung auf einem Seil balancieren zu lassen. Der Bär scheint höchst konzentriert, die Augen weit geöffnet, mit den Vorderbeinen und geöffneten Tatzen die Balance ausgleichend, jeden Fehler zu vermeiden, sich wohl erinnernd, eine Belohnung für seinen akrobatischen Akt zu erhalten, wie sein Artgenosse hinter ihm. Ihm gelingt sein Kunststück so eben, er belohnt sich mit einem großen Schluck aus dem türkisfarbenen Gefäß. Auch Beckmann konzentriert sich, fiebert scheinbar mit und ist ganz nahe am Geschehen; wenige Linien deuten den Raum der Manege an. Die Begeisterung für dieses 1932 noch in Frankfurt gemalte Aquarell teilt auch seine Frau Quappi über Beckmanns Tod 1950 hinaus; erst 1964 vertraut sie das Blatt Catherine Viviano an, die in ihrer New Yorker Galerie (1950-1970) mehrfach umfangreiche Ausstellungen zu Beckmann einrichtet. Etwas später können wir die "Dressierten Bären" in der Galerie von Grace Borgenicht nachweisen, einer ausgewiesenen Kennerin Beckmanns, die nach dem Tod von Mathilde Quappi Beckmann im Jahr 1980 ihren und den verbliebenen Nachlass ihres Mannes übernimmt und bis Anfang der 1990er Jahre präsentiert. 1989 schließlich erwirbt der Archäologe, Ägyptologe und Sammler William Kelly Simpson (1928-2017) das Aquarell. Er ist mit der Enkelin des Philanthropen John Davison Rockefeller jr. verheiratet und lehrt an der Yale University. Mit dessen Nachlass endet die faszinierende Geschichte für dieses intime Aquarell aus dem Jahr 1932. Dem Zirkus hält Beckmann bis zuletzt auch in den Staaten etwa in St. Louis und in New York die Treue. "Abends dann von halb neun bis halb zwölf Barnum & Bayle [Bailey], der schönste und großartigste Zirkus den ich je gesehen!", notiert Max Beckmann am 19. April 1950 in New York (zit. nach: Max Beckmann, Tagebücher 1940-1950, zus. Mathilde Quappi Beckmann, hrsg. von Erhard Göpel, München 1955, S. 371). [MvL]



135
Max Beckmann
Dressierte Bären, 1932.
Aquarell und Kohle
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 152.500

(inkl. Käuferaufgeld)