Auktion: 500 / Evening Sale am 17.07.2020 in München Lot 204


204
August Macke
Garten in Tegernsee mit Haus und Berg, 1910.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 100.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Garten in Tegernsee mit Haus und Berg. 1910.
Öl auf Leinwand.
Heiderich 208. 50 x 43 cm (19,6 x 16,9 in).

• Zwischen Pariser Avantgarde und "Blauem Reiter"
• Marktfrische Tegernsee-Landschaft, die sich durch ihren luftigen impressionistischen Duktus und ihre leuchtende, die Malerei der Fauvisten rezipierende Farbigkeit auszeichnet.
• Aus dem Jahr vor Gründung des "Blauen Reiters", in dem August Macke und Franz Marc sich kennenlernen.
• Malerisches Zeugnis aus Mackes wegweisendem künstlerischen Schaffensjahr im familiären Idyll am Tegernsee
.

PROVENIENZ: Geschenk des Künstlers an Karl Koehler, USA (Onkel von Elisabeth Macke, 1912).
Catharina Koehler, Los Angeles (Tochter des Vorgenannten, 1957).
Privatsammlung USA.

LITERATUR: Gustav Vriesen, August Macke, Stuttgart 1953, Kat.-Nr. 217.
Gustav Vriesen, August Macke, 2. erw. Aufl. Stuttgart 1957, Kat.-Nr. 217, mit Abb. S. 319.
Peter Dering, August Mackes "Tegernseer-Phase". Das malerische Werk 1909/10: Auf dem Weg zum Individualstil, in: August Macke in Tegernsee, Ausst.-Kat. August Macke Haus, Bonn 1998, S. 25.
"Arbeiten tue ich wie ein Pferd und kann nie aufhören. Es ist etwas herrliches in dieser Gebirgsluft."
August Macke, 1. Dezember 1909 aus Tegernsee, zit. nach: August Macke - ganz privat, Köln 2009, S. 58.

Im Herbst 1909 weilt der junge Macke mit seiner frisch vermählten Ehefrau Elisabeth in Paris, als ihn die Einladung des Schriftstellers Wilhelm Schmidtbonn nach Tegernsee erreicht: “Also komm her! […] der Winter ist hier doch herrlicher als in Paris. Ewige Sonne, so warm, daß man den ganzen Tag auf dem Balkon sitzen kann, Sonnenuntergänge im See, Nachenfahren an Wäldern, Wiesen und Dörfern vorbei, Bauernhäuser, wie sie wohl nirgends wieder auf der Welt so schön sind [..]” (zit. nach: Heiderich 2008, S. 38). Mackes baldige Antwort lautet "Tegernsee hat gesiegt" und er erreicht das beschworene Voralpenidyll schließlich Ende Oktober 1909 mit seiner hochschwangeren Ehefrau. Sie ziehen in das Haus der Familie Staudacher in der Bahnhofstraße mit einem idyllischen Obstgarten und Balkon für das Arbeiten im Freien, auf dem auch unser Blick auf den hauseigenen Rosengarten in Richtung See und Voralpenpanorama entstanden sein muss. Elisabeth Macke hat dazu in ihren Erinnerungen unter anderem Folgendes festgehalten: "Am liebsten arbeitete er [Macke] [..] jedoch draußen auf dem Balkon vor dem Haus, und der hübsch hergerichtete Arbeitsraum war ihm nie so ganz heimisch und immer irgendwie beengt [..]. Das Jahr 1910 war für Augusts Arbeit sehr bedeutungsvoll und fruchtbar. August kam im Grunde zum ersten Mal zu der richtigen Ruhe und zur Entfaltung seiner eigenen Persönlichkeit. [..] Die Art, wie die Farben gesehen sind und untereinander abgestimmt zur Wirkung kommen, ist schon ganz persönlich." (zit. nach: E. Erdmann-Macke, Erinnerungen an August Macke, Stuttgart 1962, S. 183-184). Für August Macke, der bereits vier Jahre später im Ersten Weltkrieg sein Leben lassen soll, ist die Zeit am Tegernsee eine künstlerisch produktive und entscheidende Schaffensphase, die ihre zentralen Einflüsse von der Kunst des bald eng befreundeten Künstlerkollegen Franz Marc und von der bereits in Paris gesehenen und im Februar 1910 in der Münchner Galerie Thannhauser gezeigten Kunst des Fauvismus erhält. Macke ist schon in den Jahren zuvor mit der Kunst der französischen Avantgarde in Kontakt gekommen, erst jetzt aber bringt das Ganze, die Leichtigkeit und leuchtende Farbigkeit betreffend, eine fruchtbare Weiterentwicklung. Macke experimentiert in diesem Jahr am Tegernsee in einem sowohl auf impressionistischen wie auf fauvistischen Stilmitteln basierenden Rahmen, der ihn hinsichtlich einer stärker summarischen Formgebung und der Wahl leuchtender, vermehrt auf Primär- und Sekundärfarben beruhender Farbwerte künstlerisch voranbringt. Wunderbar leuchtend und frühlingshaft frisch hat Macke das Grün der Wiesen und Bäume vor die flirrende Silhouette der Bergkulisse auf die Leinwand gesetzt. Mackes Eintragung in seinem Kassa-Buch entsprechend, hat er die leuchtende Tegernsee-Landschaft schließlich kurz nach seiner Beteiligung an der ersten Ausstellung des "Blauen Reiters" dem eigentlich in Amerika lebenden Onkel seiner Frau, Karl Koehler, geschenkt, für den ab April ein längerer Deutschland-Besuch dokumentiert ist. [JS]



204
August Macke
Garten in Tegernsee mit Haus und Berg, 1910.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 100.000

(inkl. Käuferaufgeld)