Auktion: 514 / Evening Sale am 11.12.2020 in München Lot 247


247
Per Kirkeby
Ohne Titel, 2000.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 90.000
Ergebnis:
€ 287.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Ohne Titel. 2000.
Öl auf Leinwand.
Verso monogrammiert und datiert. 200 x 110 cm (78,7 x 43,3 in).

• Eine für Kirkebys Ouevre seltene leuchtende Farbpalette
• Die Akrebie seiner gedeckten geologischen Erdschichtungen öffnet sich hin zu einem leuchtenden landschaftlichen Farbrausch
• Gemälde in dieser Farbigkeit gelten als die gefragtesten Arbeiten des Künstlers
• Ein weiteres vergleichbares Gemälde befindet sich in der Sammlung des Museum of Modern Art, New York (New Shadows III, 1996)
• Kirkebys Gemälde befinden sich darüber hinaus in der Tate Modern, London, dem Centre Pompidou, Paris, dem Statens Museum for Kunst, Kopenhagen, und der Pinakothek der Moderne, München
.

PROVENIENZ: Galerie Michael Werner, Köln/Märkisch Wilmersdorf/New York (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).
Privatsammlung Hessen (2004 vom Vorgenannten erworben).

AUSSTELLUNG: Per Kirkeby. Malerei, Zeichnung und Skulpturen", Städtische Museen Jena, Galerie im Stadtmuseum, Jena, 22. Juni 2002 - 8. September 2002, Kat.-Nr. 31, mit Abb.
Per Kirkeby. Oeuvres récentes, Galerie Vidal - Saint Phalle, Paris, 30. Januar 2003 - 22. März 2003, Abb. S. 21.

"Ich bin Maler und ich habe ein Bild gemalt. Und mehr möchte ich dazu wirklich nicht sagen. Ein Bild erschließt sich nicht aufgrund seines Titels oder aufgrund von Erklärungen, sondern man hat sich damit abzufinden, dass es 'angeschaut' werden muss."
Per Kirkeby, 1991, zit. nach: Per Kirkeby, Ausst.-Kat. Tate Modern, London; Museum Kunst Palast, Düsseldorf, 2009/10, S. 13.

Per Kirkeby ist ein genauer Beobachter und erwartet genau diese Ruhe und absolute Hingabe an den optischen Eindruck von den Rezipienten seines Werks. Kirkeby, der vor zwei Jahren in seiner Geburtsstadt Kopenhagen gestorben ist, gilt als der wohl international bekannteste dänische Künstler seiner Generation und einer der wichtigsten europäischen Zeitgenossen. "Ich verstehe meine Gemälde als eine Summierung von Strukturen. Eine Sedimentation hauchdünner Schichten. […] Im Prinzip eine endlose Ablagerung. Doch es ist auffallend, dass die darunterliegende Struktur immer durchbricht, auch wenn eine neue Schicht ein ganz anderes Motiv und eine ganz andere Farbe hat.“ (Zit. nach: Per Kirkeby, Ausst.-Kat. Tate Modern, London u. a., 2009/10, S. 10) Der Bildaufbau Kirkebys erzeugt durch eben jene Schichtungen eine faszinierende Tiefenwirkung. Wunderbar lassen Kirkebys entrückte Schöpfungen, wie auch unser großformatiges Gemälde, den naturwissenschaftlichen Hintergrund ihres Schöpfers erkennen. Denn Kirkebys Entscheidung Maler zu werden geht zunächst ein Studium der Geologie voraus. In Kirkebys Arbeiten spielen Inspirationen aus der Natur und atmosphärisch verdichtete Landschaftseindrücke eine grundlegende Rolle. Die der Natur entlehnten Motive - Wasser, Bäume, Berge, Steine und Höhlen ebenso wie Architekturformen und fragmentierte Körperteile - ergeben kein homogenes, perspektivisches Landschafts- oder Figurenbild. Sie sind vielmehr nach dem Prinzip des All-over-Paintings angelegt, in dem verschiedene Formgedanken und Sinneseindrücke auf der Bildfläche wie auf einer Art Notizblock gleichwertig nebeneinandergesetzt werden. Kirkeby, der nicht nur in der Natur direkt, sondern auch in den Landschaftseindrücken der Malerei der europäischen Romatik seine Inspirationen findet, beginnt seine Gemälde oft an den Rändern. Sie haben kein wirkliches Zentrum und verneinen jegliche Hierarchie der Bildelemente. Vielmehr scheint der Künstler bei ihrer Entstehung dem unvorhersehbaren Gesang seiner Intuition zu folgen, der eine Komposition gleich einem Gedanken wachsen und entstehen lässt. Richard Shiff hat Kirkeby aus diesem Grund in seinem Beitrag im Katalog zur Einzelausstellung im Museum Kunst Palast und der Tate Modern 2009/10 als "umgekehrten Picasso" beschrieben. Anders als in Picassos analytischem Kubismus wird in Kirkebys Gemälden kein Gegenstand formal zerlegt und in seine Mehransichtigkeit aufgebrochen, sondern ein komplexer Gedanke wie auf einer Tafel oder einem Notizblock als Summe von Einzelelementen formuliert.
Während Kirkebys Schaffen der 1970/80er Jahre noch von einer gedeckten Farbpalette dominiert ist, brechen sich im späteren Schaffen - wie auch in unserer großformatigen Leinwand - vermehrt hellere, leuchtendere Farben Bahn. Die vorliegende Arbeit ist ein besonders schönes Beispiel dieser Hinwendung zu einer neuen, leichteren Farbwelt, die entprechend Kirkebys zeitweise häufig verwendeter Jahreszeiten-Titel aufgrund seiner starken Grün-, Gelb-, Rot- und Blautöne als Spätsommerbild assoziiert werden kann.
Kirkebys eindrucksvolles malerisches Œuvre ist heute Teil bedeutender Sammlungen, wie u.a. dem Museum of Modern Art, New York, der Tate Modern, London, dem Centre Pompidou, Paris, dem Statens Museum for Kunst, Kopenhagen, und der Pinakothek der Moderne, München. [JS]



247
Per Kirkeby
Ohne Titel, 2000.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 90.000
Ergebnis:
€ 287.500

(inkl. Käuferaufgeld)