Auktion: 545 / Evening Sale am 08.12.2023 in München Lot 70


70
Ernst Wilhelm Nay
Rot in Rot II, 1965.
Öl auf Leinwand
Schätzpreis: € 350.000 - 550.000
+
Rot in Rot II. 1965.
Öl auf Leinwand.
Rechts unten signiert und datiert. Auf dem Keilrahmen zweifach bezeichnet "Nay - Rot in Rot - 1965" sowie mit Richtungspfeil. 162 x 149,5 cm (63,7 x 58,8 in).
[SM].

• Aus der wichtigen Übergangszeit von den Augen- zu den Spindelformen der späten Bilder.
• Konzentration von Form und Farbe in zeitloser Perfektion.
• Nay spielt mit dem Formenrepertoire seines Œuvres und bringt es in eine neue bildhafte Form.
• Bereits kurz nach der Entstehung umfangreich international ausgestellt
.

PROVENIENZ: Privatsammlung.
Galerie Michael Werner, Köln.
Privatsammlung Nordrhein-Westfalen.

AUSSTELLUNG: Ernst Wilhelm Nay. Malerier-Akvareller, Holst Halvorsens Kunsthandel, Oslo, 30.10.-28.11.1965, Kat.-Nr. 13.
E. W. Nay, Galerie Günther Franke, München, ab 3.9.1965, Kat.-Nr. 10.
Ernst Wilhelm Nay. Bilder und Grau-Aquarelle 1965/1966, Galerie Der Spiegel, Köln, ab 18.3.1966, Kat.-Nr. 4 (verso mit Resten des Galerieetiketts).
E. W. Nay, Württembergischer Kunstverein, Stuttgart, 12.11.-25.12.1966; Akademie der Künste, Berlin, 13.1.-12.2.1967; Städtische Kunsthalle, Mannheim, 4.3.-16.4.1967, Kat.-Nr. 61 (mit zwei Ausstellungsetiketten verso).
E. W. Nay. Neue Bilder und Gouachen, Museum des 20. Jahrhunderts Schweizergarten, Wien III, 15.4.-15.5.1967, Kat.-Nr. 58 (Ft. S. 31).
E. W. Nay, Mary Boone Galleries, New York, 2012; Michael Werner Gallery, New York, 2012 (verso mit dem Galerieetikett).
Ernst Wilhelm Nay. Bilder der 60er Jahre, Michael Werner Kunsthandel, Köln, 11.11.2017-13.1.2018, Kat.-Nr. 4.

LITERATUR: Aurel Scheibler, Ernst Wilhelm Nay, Werkverzeichnis der Ölgemälde, Bd. II: 1952-1968, Köln 1990, WVZ-Nr. 1144.

Aufrufzeit: 08.12.2023 - ca. 19.18 h +/- 20 Min.

"Bilder kommen aus Bildern", so Ernst Wilhelm Nay. Mit dieser Maxime vollzieht der Künstler in seinem langen Malerleben hier einen erneuten, dieses Mal den letzten stilistischen Wandel in seinen Bildern, wodurch er einen neuen Rhythmus aufnimmt, diesen jedoch in formaler Hinsicht gekonnt an die vorangegangenen Werke anbindet. Waren die "Augenbilder" noch voll räumlicher Elemente, Expressivität und gegenständlicher Assoziation, so wirken Nays 'letzte' Bilder dagegen vereinfacht leicht und dennoch komplex spontan zugleich. "Auf der Höhe seiner künstlerischen Lebenserfahrung unterzieht Nay seine Malerei einer letzten Klärung", so Elisabeth Nay-Scheibler 1990. "Sie führt zur radikalen Vereinfachung seiner Formensprache und Verringerung seiner chromatischen Palette auf nur wenige Farben. Mit Vitalität und äußerster Disziplin unternimmt er das Wagnis, die bis zur malerischen Perfektion getriebenen expressiven Strukturen der 'Augenbilder' aufzugeben. Er gewinnt die Freiheit, in seiner neuen Vision das Wesentliche seiner Kunst durch Reduktion zu verwirklichen. Klar begrenzte Spindelformen, Ketten runder oder ovaler Scheiben, Bogenformen und Farbbänder breiten sich nun, vertikal gerichtet, über die Bildfläche. Durch die senkrechte Betonung entsteht der Eindruck eines scheinbar unbegrenzten, transitorischen Bewegungsablaufs. Die Bilder gewinnen plötzlich meditative Ruhe." (Nay-Scheibler in: E. W. N., Werkverzeichnis der Ölgemälde, Bd. II: 1952-1968, Köln 1990, S. 282)

Neben den räumlichen Elementen, wie die verbleibende Andeutung des Augenmotivs voll ausgeführter Expressivität, treten vegetabile und anthropomorphe Formen, Spindelformen, Ketten, ovale Scheiben, Farbbänder und Bogenformen, die Nay gemäß seiner theoretischen Forderung an die chromatische Malerei verwirklicht, dabei seine Formensprache auf ein Minimum reduziert und von sich einfordert: "Die Fläche ist durch die Farbe zur Gestalt zu erheben". Nay entwickelt eine neue Farbpalette hin zu kühl gemischten Farben in bisweilen kühner Kombination, wie hier das Zentrum der Leinwand abdeckende, dominante Rot, an dessen linkem Rand sich das Nay’sche Gelb behauptet mit einer wie schon im Rot erneut in Szene gesetzten Augen-Paraphrase von zufälliger Flüchtigkeit. Und rechts am Rand setzt Nay ein senkrecht von oben nach unten laufendes Kugelband, mit blauen und gelben Halbkreisen im mäandernden Wechsel. Der schwarze, kreisrunde Punkt links wirkt wie ein die Komposition ausbalancierendes Ausrufezeichen.

Mit diesem letzten stilistischen Schritt verändert sich auch die Farbpalette. "Es ist ein Leben wert, soweit vorzudringen, dass das reale Farbbild entstehen kann und die Farbe dabei so klingt, dass ohne besondere Absicht des Künstlers Menschliches anschaubar wird, Menschliches und Kreatürliches in neuer, unbekannter Formulierung", so der Künstler. (E. W. Nay. Lesebuch. Selbstzeugnisse und Schriften, Köln 2002, S. 297) Ein Charakteristikum der späten, zumeist streng quadratischen Bilder ist das Denken der Komposition über den Bildrand hinaus in den weiten Raum unseres Daseins, ein Ausgreifen der nun sehr klaren, verdichteten Formen, gleichsam der Beginn einer expansiv und dynamisch vorgetragenen, niemals endenden Gleichung eines Ornaments. "Ein Kolorist ist ein Maler, der durch die Farbe denkt und die Anschauung durch die Farbe vollzieht", so Nay in seinem letzten publizierten Aufsatz "Meine Farben" von 1967. Die Arbeiten der letzten Schaffensjahre Nays zeigen wie hier also eine besondere Verdichtung in Farbe und Form, die in höchstmöglicher Spannung kulminiert. "Die Flächigkeit ist für Nay von so großer Bedeutung, weil er in jeder perspektivischen Räumlichkeit der Farben eine Störung ihrer Direktheit und sinnlichen Ausstrahlung erkennt", so noch einmal die intime Kennerin Elisabeth Nay-Scheibler zu den wenigen ausgewählten Farben, die meist von starker Intensität und klarem Ausdruck die Aussage des Nay‘schen Spätwerks unterstreichen. (Nay-Scheibler in: E. W. N., Werkverzeichnis der Ölgemälde, Bd. II: 1952-1968, Köln 1990, S. 282). Nay nimmt sich die Freiheit, in einer neuen Vision der absoluten Malerei, das Wesentliche seiner Kunst durch Reduktion zu verwirklichen. Er steigert die Leuchtkraft und Transparenz seiner Farbe durch kühne Vereinfachung; jede Binnenzeichnung wird einer arithmetischen Farbsetzung geopfert, jede früher so intensiv vorgetragene Expressivität überführt der Farbmaler des 20. Jahrhunderts, Ernst Wilhelm Nay, in eine kühl-souveräne Einfachheit, beseelt von meditativer Ruhe und Ordnung. [MvL]




Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung zu Ernst Wilhelm Nay "Rot in Rot II"
Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.

Berechnung bei Differenzbesteuerung:
Zuschlagspreis bis 800.000 Euro: hieraus Aufgeld 32 %.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 800.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 27 % berechnet und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 800.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 4.000.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 22 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 4.000.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Das Aufgeld enthält die Umsatzsteuer, diese wird jedoch nicht ausgewiesen.

Berechnung bei Regelbesteuerung:
Zuschlagspreis bis 800.000 Euro: hieraus Aufgeld 27 %.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 800.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 21 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 800.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 4.000.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 15 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 4.000.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf die Summe von Zuschlag und Aufgeld wird die gesetzliche Umsatzsteuer, derzeit 19 %, erhoben. Als Ausnahme hiervon wird bei gedruckten Büchern der ermäßigte Umsatzsteuersatz von derzeit 7 % hinzugerechnet.

Wir bitten um schriftliche Mitteilung vor Rechnungsstellung, sollten Sie Regelbesteuerung wünschen.

Berechnung der Folgerechtsvergütung:
Für Werke lebender Künstler oder von Künstlern, die vor weniger als 70 Jahren verstorben sind, fällt gemäß § 26 UrhG eine Folgerechtsvergütung in folgender Höhe an:
4% des Zuschlags ab 400,00 Euro bis zu 50.000 Euro,
weitere 3 % Prozent für den Teil des Zuschlags von 50.000,01 bis 200.000 Euro,
weitere 1 % für den Teil des Zuschlags von 200.000,01 bis 350.000 Euro,
weitere 0,5 Prozent für den Teil des Zuschlags von 350.000,01 bis 500.000 Euro und
weitere 0,25 Prozent für den Teil Zuschlags über 500.000 Euro.
Der Gesamtbetrag der Folgerechtsvergütung aus einer Weiterveräußerung beträgt höchstens 12.500 Euro.

Die Folgerechtsvergütung ist umsatzsteuerfrei.