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125000636
Pierre Soulages
Peinture 130 x 102 cm, 18 janvier 2011, 2011.
Acryl auf Leinwand
Schätzpreis: € 700.000 - 900.000
Informationen zu Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung sind ab vier Wochen vor Auktion verfügbar.
Peinture 130 x 102 cm, 18 janvier 2011. 2011.
Acryl auf Leinwand.
Verso auf der Leinwand signiert, datiert und betitelt. 130 x 102 cm (51,1 x 40,1 in).
[AR].

• Glänzende Pinselstriche auf mattem Untergrund: Mit seinen "Outrenoir" erfindet Pierre Soulages die Farbe Schwarz neu.
• Die Farbe wird zum Motiv und im Zusammenspiel mit dem Licht zum alleinigen Bildinhalt.
• Als Pionier der abstrakten Malerei im Nachkriegsfrankreich widmete er sein Lebenswerk der Erforschung und radikalen Neudefinition von Schwarz.
• Zur Entstehungszeit widmete ihm seine Geburtstadt ein eigenes Museum, das Musée Soulages in Rodez.
• Von Europa, über Asien bis in die USA: Werke des Künstlers werden weltweit geschätzt und befinden sich in international bedeutenden Museumssammlungen
.

PROVENIENZ: Galerie Karsten Greve, St. Moritz (verso m. Etikett).
Privatsammlung Nordrhein-Westfalen.

LITERATUR: Pierre Encrevé, Soulages. L'œuvre complet. Peintures, Bd. IV 1997-2013, Paris 2015, WVZ-Nr. 1470 (m. Farbabb. S. 371).
Kerstin Stremmel, Nachruf Pierre Soulages, Neue Zürcher Zeitung, 26.10.2022, online.

Der Franzose Pierre Soulages gilt als einer der großen Malerstars des 20. und 21. Jahrhunderts. In seinem künstlerischen Streben war er dabei stets ein Einzelgänger, gehörte keiner Schule oder Kunstströmung an und sagte einmal über seine Ablehnung von Künstlergruppen: "Ein Künstler interessiert mich, weil er einzigartig ist, originell, unersetzlich, und nicht weil er mit seinen werten Kollegen teilt. Wenn ich von einer Bewegung höre, so interessiert mich, was sich von ihr ablöst, was über sie hinausgeht." (Pierre Soulages, zit. nach: Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, Ausgabe 41, Heft 7, München 1998) Mit welch großer Konsequenz er diesen individuellen Weg sein gesamtes Leben lang verfolgte, wird bei der Betrachtung seines Gesamtwerks schnell deutlich. Zwar lässt sich sein Schaffen auf rein formaler Ebene der abstrakten Malerei mit gewissen informellen Tendenzen zuordnen. In seiner individuellen Ausprägung und Handschrift ist Pierre Soulages jedoch weit entfernt von Wegbereitern und Zeitgenossen. Mit einer Radikalität und Konsequenz, die in Künstlerbiografien nur selten zu finden ist, hat er sein Lebenswerk dabei der Erforschung und Neudefinition der Farbe Schwarz gewidmet, wobei ihm immer wichtig war zu betonen: "Das Ausdrucksmittel ist nicht die Farbe Schwarz, sondern das Licht." (Pierre Soulages im Gespräch mit Charles Juliet, zit. nach: Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, München 1998, S. 14).

Der Künstler wird 1919 im südfranzösischen Rodez, Aveyron, geboren. Als 18-Jähriger reist er nach Paris, besucht die dortigen Museen und ist fasziniert von Pablo Picasso und Paul Cézanne. 1941 wird er zum Militärdienst eingezogen und in Montpellier stationiert, wo er die dortige École des Beaux-Arts besucht und die abstrakte Künstlerin Sonia Delaunay kennenlernt. Nach Kriegsende unterhält Soulages ein Atelier in Courbevoie bei Paris, er knüpft Kontakte zu Künstlern wie Caesar Domela, Francis Picabia, Hans Hartung und Fernand Léger. Im folgenden Jahr werden seine Bilder erstmals öffentlich im "Salon des Surindépendants" ausgestellt und so einem breiteren Publikum bekannt. Bei einer Ausstellung in der Pariser Galerie Breteau lernt er James Johnson Sweeney kennen, damaliger Kurator des Museum of Modern Art in New York, der sein Schaffen von diesem Zeitpunkt für lange Zeit an unterstützend begleitet. Neben Reisen nach Mexiko und in die USA kommt seinem Besuch im Jahr 1958 in Japan wohl besondere Bedeutung zu. Seinen frühen gestischen, dabei jedoch stets kompositionell ausgewogenen Bildern mit ihrer schwarzen oder braunen Balkenschrift auf hellen Farbgründen liegen Eindrücke der strengen romanischen Architektur und der keltischen Monumente seiner Heimat zugrunde, ebenso aber auch der Einfluss der ostasiatischen Kalligrafie. In späteren Werken verwendet Soulages breite Gummispachtel oder Roll- und Walzenbürsten als Malwerkzeuge, die die ästhetische Wirkung seiner wuchtigen Schraffuren beeinflussen.

Als bedeutender Vertreter der französischen Nachkriegsmoderne ist Soulages in den 1950er und 1960er Jahren wiederholt auf der documenta in Kassel vertreten, schon 1960/61 findet in Hannover, Essen und Den Haag seine erste große Retrospektive statt. In der Folgezeit erhält Soulages zahlreiche internationale Kunstpreise, darunter den Rembrandt-Preis 1976 in Deutschland und 1987 den Großen Nationalpreis für Malerei in Paris. 1994 wird er in Japan mit dem Praemium Imperiale für Malerei ausgezeichnet, der sich als "Nobelpreis der Künste" versteht. Bis zu seinem Tod im hohen Alter von 102 Jahren im Jahr 2022 sind Soulages' großer Erfolg und auch seine Schaffenskraft ungebrochen. Anlässlich seines 100. Geburtstags widmet der Pariser Louvre Soulages 2019 eine große Ausstellung im Salon Carré, eine Ehre, die nur wenigen Künstlern vorbehalten ist. Im Nachruf auf den Künstler schreibt die Neue Zürcher Zeitung am 26.10.2022: "Seine schwarzen Monochromen gehören zum Radikalsten, was die Kunst der Moderne hervorgebracht hat."

Zu diesen radikalen, schwarzen monochromen Arbeiten zählt auch die Arbeit "Peinture 130 x 102 cm, 18 janvier 2011". Innerhalb des Gesamtwerks lässt sie sich einer bestimmten Gruppe von Arbeiten zuordnen, in der die gesamte Bildfläche von einer schwarzen Farbschicht überzogen ist, die hier sogar bis über die Bildkanten reicht. Keine andere Farbnuance wie Blau, Rot oder Braun ist zugelassen. Kein Bereich der Leinwand bleibt unbemalt, wodurch eine Wechselwirkung mit dem leuchtenden Weiß der Grundierung verhindert wird, wie es noch von früheren Arbeiten bekannt ist. Über die Entstehung dieses speziellen Bildtypus weiß der Künstler selbst zu berichten: "Eines Tages hatte die Farbe Schwarz beinahe die ganze Fläche meiner Leinwand bedeckt [...] Da sah ich, wie es in diesem Exzeß zur Negation des Schwarz kam: die Unterschiede in der Materie, in der Textur, durch die das Licht absorbiert oder reflektiert wurde, schufen Valeurs und eine besondere Farbigkeit, ein Licht und eine Räumlichkeit, die so beschaffen waren, dass sie mein Verlangen zu malen anstachelten....Ich habe mich auf diesen Weg begeben, und ich finde hier immer neue Möglichkeiten." (Pierre Soulages im Gespräch mit Charles Juliet, zit. nach: Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, München 1998, S. 14). In der komplett schwarzen Überdeckung des Bildträgers findet Soulages Reflexionen, Strukturen und Differenzierungen, ja sogar Leuchtkraft, die er als "Outrenoir" beschreibt. Mit dem Begriff formuliert er das Ergebnis seiner persönlichen Auseinandersetzung mit dem Schwarz, die ihn in unterschiedlichsten Variationen immer wieder aufs Neue zu fesseln vermag. Auch seine Peinture von 2011 zeigt bei Lichteinfall einen überraschend großen Variantenreichtum. In die pastose, dabei jedoch überraschend matte Oberfläche hat der Künstler mit breitem Pinselstrich horizontale Kerben eingearbeitet, die als glänzende Flächen die Komposition bestimmen. Sie sind in drei horizontalen Reihen angeordnet, auf der linken Seite etwas schwächer ausgeprägt, im mittleren Bereich schon kräftiger und ganz rechts schließlich vollständig ausgeführt. So ergibt sich auf subtile Art eine Leserichtung, die das Auge des Betrachters lenkt. Je nach Lichteinfall zeigen sich links oben, wo die Kerben am schwächsten ausgeprägt sind, schwache, horizontale Schraffuren, die der Haptik eine weitere Ebene hinzufügen.

Pierre Soulages' Arbeiten leben von der Betrachtung des Originals. Keine Reproduktion wird der tatsächlichen Wirkung seiner Arbeiten jemals gerecht. Nur im Austausch mit dem Betrachter entfalten sie ihre volle Wirkung. Auch dieser Umstand war dem Künstler mehr als bewusst. "Aber ich weiß sehr wohl und habe dies oft genug gesagt, dass die Wirklichkeit eines Bildes viel komplexer ist. Diese Wirklichkeit besteht in der dreifachen Beziehung, die sich formt zwischen dem Objekt [...], welches das Bild ist, und mir, der es geschaffen hat, und dem, der es betrachtet. Wenn der eine angesichts einiger dieser Bilder Einfachheit und Strenge assoziiert, dann sprechen andere von Reichtum und Sinnlichkeit. Das hängt von demjenigen ab, der sie betrachtet." (Pierre Soulages im Gespräch mit Charles Juliet, zit. nach: Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, München 1998, S. 14f.) Und weiter:

"Das Gemälde entwickelt sich in der Betrachtung, im Augenblick des Betrachtens selbst."

"Das Kunstwerk verlangt, häufig betrachtet zu werden. Über das jeweils neue Vergnügen hinaus vermittelt es immer etwas Essentielles."

"Malen, das heißt vor allem spontan agieren. Es geht um eine Folge von Entscheidungen, die sich aufdrängen, sich aneinanderreihen, die aus dem tiefsten Inneren kommen."

"Wenn man mit Farben umgeht, sie auf der Fläche verteilt, dann entsteht dort ein unvorstellbares Leben. Man braucht einen geschärften Blick, der sich über die Schranken der Gewohnheiten und der Absichten hinwegsetzt, um die ganze Komplexität und den Reichtum dieses Lebens wahrzunehmen."

Nicht jedem Künstler gelingt es, mit einer solch eindringlichen Anschaulichkeit über sein Schaffen zu sprechen wie Pierre Soulages. Seine Worte zeugen stets von einer tiefen Auseinandersetzung mit seiner Kunst und der Malerei, seinem Lebenswerk. [AR]



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