Auktion: 350 / Moderne Kunst am 19.06.2009 in München Lot 211

 
Ernst Ludwig Kirchner - Sitzender Akt


211
Ernst Ludwig Kirchner
Sitzender Akt, 1909.
Aquarell
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 63.440

(inkl. Käuferaufgeld)
Lot: 211
Ernst Ludwig Kirchner
1880 Aschaffenburg - 1938 Davos
Sitzender Akt. Um 1909.
Aquarell.
Verso mit dem Nachlassstempel des Kunstmuseums Basel (Lugt 1570 b) und der handschriftlichen Registriernummer "A Dre/Bg 20". Auf chamoisfarbenem Zeichenpapier. 60 x 43 cm (23,6 x 16,9 in), blattgroß.

Dieses Werk ist im Ernst Ludwig Kirchner Archiv, Wichtrach/Bern, dokumentiert.

PROVENIENZ: Privatsammlung Süddeutschland.

Bereits während seines Architekturstudiums in Dresden lernt Ernst Ludwig Kirchner Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff kennen und arbeitet mit diesen künstlerisch zusammen. Nach seinem Abschluss entscheidet sich Kirchner gegen den Wunsch seines Vaters ganz für die Malerei. Der intensive Austausch der vier Freunde führt 1905 zur Gründung der Künstlergemeinschaft "Brücke" - mit dem Ziel "alle revolutionären und gärenden Kräfte an sich zu ziehen" (Schmidt-Rottluff). Die Künstler beginnen mit den "Viertelstundenakten", den Zeichnungen nach Aktmodellen im Atelier oder in der Natur. Die Gruppe orientiert sich zunächst an Künstlern des Spätimpressionismus. Die Entdeckung der Fauves, der Südsee-Kunst und van Goghs führt die Maler zum Expressionismus.
Nackte Körper in freier Bewegung bilden für Kirchner in seinen Dresdner Jahren, wie auch für die anderen Maler der "Brücke", das zentrale Sujet. Neben Darstellungen von Badenden, welche an den Moritzburger Seen im Norden von Dresden entstehen, wird in diesen Jahren auch der Akt im Atelier zum beliebten Thema in Kirchners Gemälden und Aquarellen. In seiner Atelierwohnung in der Berlinerstraße 30 trifft er sich mit Künstlerfreunden und Modellen, ab 1909 dann auch mit seiner Geliebten Dodo, die mit bürgerlichem Namen Doris Große heißt, und zur wichtigsten Frau in Kirchners Kunst und Leben der Jahre 1909 bis 1911 werden soll. Der Vergleich der vorliegenden Arbeit mit den nachgewiesenen Darstellungen Dodos, etwa im Gemälde "Dodo und ihr Bruder", lässt vermuten, dass es sich auch bei unserer Sitzenden vor gelbem Grund um die berühmte Dresdner Geliebte handeln könnte. Die mit breiten schwarzen Pinselstrichen auf die Fläche geworfenen Konturen werden ähnlich wie beim Holzschnitt teils von einheitlichen Farbflächen in Rot, Blau und Gelb ausgefüllt. In expressionistischer Farbigkeit schafft Kirchner hier eine Momentaufnahme höchster Intimität und malerischer Strahlkraft.
Infolge der Begegnung mit der Kunst der italienischen Futuristen verändert sich der Malstil der "Brücke"-Künstler um 1910, er wird "härter". 1911 siedelt Ernst Ludwig Kirchner nach Berlin über. Die Großstadt bietet ihm eine Fülle neuer Motive, die er in vereinfachten, scharf konturierten Formen und grellen Farbkontrasten umsetzt. Die Großstadtbilder werden zu Inkunabeln des Expressionismus und machen ihn zu einem der bedeutendsten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts. 1917 lässt sich Kirchner in Frauenkirch bei Davos nieder. Den Großstadtbildern folgen nun Gebirgslandschaften und Darstellungen ländlichen Lebens. 1923 zieht er in das "Haus auf dem Wildboden" am Eingang zum Sertigtal, wo Kirchner bis zu seinem Freitod im Jahr 1938 lebt und arbeitet. [JS].

Sehr guter farbfrischer Gesamteindruck. Ecken mit vereinzelten Einstichlöchlein. Im oberen Kantenbereich mit wenigen winzigen Einrissen, teils fachmännisch hinterlegt.

EUR: 40.000 - 60.000 DIFF.(19%)
US$: 54.560 - 81.840




211
Ernst Ludwig Kirchner
Sitzender Akt, 1909.
Aquarell
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 63.440

(inkl. Käuferaufgeld)