Auktion: 400 / Moderne Kunst am 08.12.2012 in München Lot 92

 

92
Lyonel Feininger
Ober-Weimar VII, 1920.
Aquarell
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 107.360

(inkl. Käuferaufgeld)
Ober-Weimar VII. 1920.
Aquarell und Tuschfederzeichnung.
Links unten signiert, rechts unten datiert "19. Apr. 1920" sowie mittig betitelt. Auf bräunlichem Bütten. 24 x 30,9 cm (9,4 x 12,1 in).

Mit einer Fotoexpertise von Achim Moeller, New York, vom 18. April 2012. Das Werk ist im Archiv des Lyonel Feininger Project LLC, New York, unter der Nummer 1142-04-18-12 registriert.

PROVENIENZ: Europäischer Privatbesitz (seit den 1960er Jahren).

Lyonel Feininger wird am 17. Juli 1871 in New York als Sohn eines aus Deutschland stammenden Konzertgeigers geboren, seine Mutter ist Sängerin und Pianistin. 1887 folgt Feininger seinen Eltern nach Europa, wo er zunächst an der Gewerbeschule in Hamburg die Zeichen- und Malklasse besucht, dann von 1888 bis 1892 an der Königlichen Kunst-Akademie in Berlin studiert. Ein einjähriger Besuch der privaten Kunstschule des italienischen Bildhauers Filippo Colarossi in Paris folgt. 1893 kehrt Feininger nach Berlin zurück, wo er bis 1906 u.a. als Illustrator arbeitet. Die folgenden zwei Jahre hält sich Feininger in Paris auf und macht dort die Bekanntschaft mit dem "Café du Dôme"-Kreis der deutschen Matisse-Schüler, zudem lernt er Robert Delaunay kennen. 1909 wird Lyonel Feininger Mitglied der Berliner Sezession, an deren Ausstellung er ein Jahr später erstmals teilnimmt. Anlässlich seiner Ausstellung im "Salon des Indépendants" reist der Künstler 1911 nach Paris, wo er mit dem Kubismus in Berührung kommt. Durch die Bekanntschaft mit Alfred Kubin und den "Brücke"-Malern Karl Schmidt-Rottluff und Erich Heckel 1912 eröffnen sich für sein Werk neue Dimensionen. Erste Architekturkompositionen mit der für Feininger typischen kubistischen Zersplitterung entstehen. Auf Einladung von Franz Marc nimmt Feininger 1913 am "Ersten Deutschen Herbstsalon" in der "Sturm"-Galerie von Herwarth Walden in Berlin teil, wo auch 1917 seine erste Einzelausstellung stattfindet. 1919 wird er von Walter Gropius ans Bauhaus in Weimar berufen, wo er bis 1926 Grafik und Malerei unterrichtet.

Für den Deutschamerikaner Lyonel Feininger war seine Wiederentdeckung des alten Kontinentes auch eine künstlerische Bereicherung der besonderen Art. Seiner Art, die Dinge in ihrer verschrobenen Skurrilität zu sehen, sie ins Karrikaturhafte zu überhöhen, ohne sie lächerlich zu machen, hat das alte Europa mit einer alt überlieferten Historie viel Stoff geliefert. Das verträumte Thüringen wird neben der Ostsee Feiningers erklärtes Ziel seiner Erkundungen. Die verwinkelten Dorflandschaften Thüringens mit ihren altertümlichen Kirchen werden von Feininger auf seine Weise entdeckt und überraschend interpretiert. Hier trifft sich die gebrochen formale Struktur des Althergebrachten mit der Skurrilität der Gestalten, die diese Welt bevölkern. Feininger hatte sich dieser Formenwelt ganz verschrieben, um sie in einer Weise weiterzuentwickeln, die für sein ungewöhnliches künstlerisches Einfühlungsvermögen spricht.

Mit Wassily Kandinsky, Paul Klee und Alexej von Jawlensky gründet Feininger 1924 die Gruppe "Die Blauen Vier". Eine erste umfangreiche Retrospektive findet 1931 im Kronprinzen-Palais in Berlin statt, wohin er 1933 übersiedelt. 1937 emigriert Lyonel Feininger nach New York. Im selben Jahr werden in Deutschland über 400 seiner Arbeiten von den Nationalsozialisten beschlagnahmt. Der künstlerische Durchbruch in den USA gelingt Feininger erst 1944 durch eine Retrospektive im New Yorker Museum of Modern Art. 1945 leitet er einen Sommerkurs am Black Mountain College in North Carolina, wo er mit Gropius und Einstein zusammentrifft. Feiningers Unterricht, seine Schriften und seine späten Aquarelle werden in den Vereinigten Staaten richtungsweisend für die Entstehung der Malerei des Abstrakten Expressionismus. [KD].




92
Lyonel Feininger
Ober-Weimar VII, 1920.
Aquarell
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 107.360

(inkl. Käuferaufgeld)