Auktion: 468 / Klassische Moderne I am 09.06.2018 in München Lot 736

 

736
Lyonel Feininger
Waldszene, Um 1950.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 181.250

(inkl. Käuferaufgeld)
Waldszene. Um 1950.
Öl auf Leinwand.
79 x 51 cm (31,1 x 20 in).
Die vorliegende Arbeit war vermutlich einmal Teil einer größeren Komposition des Künstles.

Mit einer Foto-Expertise von Achim Moeller, The Lyonel Feininger Project LLC, New York, vom 7. Mai 2018.
Die vorliegende Arbeit ist im Archiv des The Lyonel Feininger Project LLC, New York, registriert und wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis unter die unvollendeten und verworfenen Gemälde des Künstlers aufgenommen.

PROVENIENZ: Privatbesitz New York (Nachbar des Künstlers, wohl als Geschenk erhalten).
Privatbesitz (durch Erbschaft vom Vorgenannten erhalten).
Privatsammlung Seattle/Washington.
Privatbesitz USA.

"Eines weiß ich heute schon, der Menschheit schenke ich eine neue Weltperspektive."
L. Feininger, 1914, zit. nach: Lyonel Feininger. Zeichnungen und Aquarelle aus dem Julia-Feininger-Nachlass, New York/Berlin 2011, S. 9.

Lyonel Feininger ist seiner frühen Prophezeiung voll und ganz gerecht geworden, denn der berühmte deutsch-amerikanische Maler und Bauhaus-Künstler hat uns tatsächlich in seinem einzigartigen Œuvre seine ganz eigene, vollkommen neuartige Perspektive auf die Welt hinterlassen. Seine unnachahmliche Bildsprache, seine kubistische Zersplitterung der Formen, mit der Feininger zugleich eine Robert Delaunays Orphismus weiterführende Transparenz und Entmaterialisierung der Form gelingt, hat Feininger einen festen Platz in der europäischen Kunstgeschichte unter den Protagonisten der Moderne eingebracht. Nichts ist vergleichbar mit der Leichtigkeit und Luzidität von Feiningers Kompositionsweise, die er sich über viele Jahre und vorrangig anhand einer Vielzahl von Seestücken angeeignet hat. Gleichwie er in diesen das Blau des Wassers mit der Weite des Himmels verschmelzen lässt, so ist Feininger auch in der vorliegenden Landschaftskomposition durch das Ausgreifen des Grüns der Bäume eine Entmaterialisierung der Form und schließlich ein Vordringen zu deren "Übernatur" (vgl. Hans Hess, Lyonel Feininger, Stuttgart 1959, S. 124) gelungen, die einer romantischen Sehnsucht nach Unendlichkeit Ausdruck verleiht. Auch nachdem Feininger 1937 aufgrund der politischen Situation in Deutschland nach New York zurückgekehrt ist, bilden Natur-Notizen aus der Umgebung von Weimar und während Ausflügen an die Ostsee gesammelte Erinnerungen den gegenständlichen Ausgangspunkt für viele seiner fortan entstehenden Kompositionen. Wie in der vorliegenden Arbeit meisterlich demonstriert, führen ihn diese teils bis an die Grenze der Abstraktion, aber nie darüber hinaus, denn bis an sein Lebensende hat Feininger sich nie gänzlich vom Gegenstand als essenziellem Ausgangspunkt seiner Schöpfungen gelöst. Und auch in diesem Punkt hat Feininger, der in seiner Bildsprache unvergleichliche Meister der Moderne, bereits früh seinen künstlerischen Werdegang vorausgesehen, als er im Januar 1913 an Kubin schreibt: ".. ich könnte ebensowenig wie Sie zur rein Abstrakten Form greifen, denn dann hört alles Fortschreiten auf .." (zit. nach: ebd., S. 68). In diesem Sinne steht die vorliegende, in ihrer luziden Leichtigkeit beeindruckende Waldszenerie am Ende einer lebenslangen künstlerischen Weiterentwicklung realer Formen hin zu einem in leuchtender Transparenz ausgreifenden Form- und Farbraum, der uns Feiningers Ringen um eine weitestgehende Entgrenzung der Materie eindrucksvoll erfahrbar werden lässt. [JS]



736
Lyonel Feininger
Waldszene, Um 1950.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 181.250

(inkl. Käuferaufgeld)