Auktion: 487 / Klassische Moderne II am 08.06.2019 in München Lot 861

 

861
Marc Chagall
Portrait de Vava, 1953.
Öl auf Holz
Schätzung:
€ 55.000
Ergebnis:
€ 65.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Portrait de Vava. 1953.
Öl auf Holz.
Rechts unten mit der Stempelsignatur. 29,8 x 24,7 cm (11,7 x 9,7 in).

Mit einer Fotoexpertise des Comité Chagall vom 5. April 2013.

PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers.
Privatsammlung New York.
Sotheby’s 20.6.2007, Lot 502.
Privatsammlung Süddeutschland.

AUSSTELLUNG: Opera Gallery (mit einem beiliegenden Etikett).



Die Studienzeit verbringt Chagall zunächst in Witebsk, anschließend an der Petersburger Akademie bei Leon Bakst, der ihn auf Cézanne, van Gogh und Gauguin hinweist. Diese Einflüsse werden abgelöst von kubistischen und fauvistischen Tendenzen, die Chagall ab 1914 während eines vierjährigen Parisaufenthaltes zunehmend in seine Arbeit miteinbezieht. Seinen eigenen Stil - motivisch eine irreale Kombination symbolischer Bildmotive, bestehend aus jüdisch-religiös geprägten Kindheitserlebnissen und russischer Volkskunst, gepaart mit traumhaften Elementen und dem Einfluss der in Paris entdeckten modernen Kunst - entwickelt Chagall erst nach seiner Rückkehr nach Russland. In Witebsk gründet er 1919 eine Kunstschule und wird deren Direktor. Im selben Jahr übernimmt er die Ausstattung des Jüdischen Theaters in Moskau. 1922 verlässt Chagall endgültig Russland und geht über Berlin, wo die ersten grafischen Blätter (Radierungen zu der Autobiografie "Mein Leben") entstehen, nach Frankreich zurück. 1923 in Paris angekommen, macht Chagall die Bekanntschaft mit dem Kunsthändler Vollard, der die Buchillustration des Werkes "Die toten Seelen" von Gogol in Auftrag gibt. Nach weiteren 100 Radierungen zu La Fontaines "Fabeln" entstehen ab 1930 die Bibelillustrationen, insgesamt 105 Blätter. Ausgedehnte Reisen führen den Künstler in diesen Jahren nach Palästina, Ägypten, Holland, England und Spanien. 1941 flieht Chagall in die USA, wo er die folgenden sechs Jahre lebt. Er entwirft in dieser Zeit Bühnenbilder für Ballettaufführungen von Tschaikowsky ("Aleko") und Strawinsky ("Feuervogel"). Ein dramatischer Einschnitt ist der Tod seiner Frau Bella die fast 30 Jahre seine Muse war. Nach einer großen Ausstellung im Museum of Modern Art 1946 kehrt der Künstler 1950 nach Frankreich zurück.
1952 lernt Marc Chagall Valentine (Vava) Brodsky (1905-1993) kennen, die seine zweite Ehefrau wird, denn er heiratet sie noch im selben Jahr. Welchen emotionalen Aufschwung ihm diese neue Liebe gibt, lässt sich in mehreren Gemälden der Zeit ablesen. Auch unsere kleine Arbeit zeigt die Frau, die für ihn der Quell neuer Kraft wird. Unsere Komposition deutet eine zweite, dahinterstehende Figur an, die liebevoll und beschützend die Arme um Vava legt, jedoch nicht detailliert ausgeführt ist. Vava gibt ihm wieder die Kraft, sich mit den Illustrationen zur Bibel zu beschäftigen, und sie reist mit ihm für die Arbeiten an "Daphnis und Chloe" nach Griechenland.
In der nachfolgenden Zeit arbeitet er auch an verschiedenen Großaufträgen wie z. B. die Kathedrale von Metz (1958), die Synagoge der Hadassah-Universitätsklinik bei Jerusalem (1960) oder das Haus der Vereinten Nationen in New York (1964). Für die Pariser Oper wird er mit der Anfertigung eines Deckengemäldes beauftragt. Als dieses 1964 fertiggestellt ist, beginnt Chagall mit den Wandgemälden in der Metropolitan Opera in New York, die 1967 eingeweiht werden. Das umfangreiche Werk Chagalls umfasst darüber hinaus noch die Bereiche der Keramik und Plastik, mit denen sich der Künstler ab 1950 befasst. Neben zahlreichen anderen Auszeichnungen erhält Chagall 1977 vom damaligen Präsidenten Frankreichs Valéry Giscard d’Estaing das Großkreuz der Ehrenlegion. Es folgen weltweit umfangreiche Ausstellungen, in denen auf seine internationale Bedeutung und seinen enormen Einfluss auf die Kunst des 20. Jahrhunderts hingewiesen wird. Ab 1978 fertigt Chagall für die Pfarrkirche St. Stephan in Mainz die Entwürfe zu den Chorfenstern an, von denen neun zu Lebzeiten von ihm selbst auch ausgeführt werden. Nach seinem Tod am 28. März 1985 werden die übrigen von einigen seiner Schüler fertiggestellt. [EH]



861
Marc Chagall
Portrait de Vava, 1953.
Öl auf Holz
Schätzung:
€ 55.000
Ergebnis:
€ 65.000

(inkl. Käuferaufgeld)