Auktion: 528 / Klassische Moderne am 11.06.2022 in München Lot 441

 

441
Emil Nolde
Gladiole, Um 1930.
Aquarell
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 67.500

(inklusive Aufgeld)
Gladiole. Um 1930.
Aquarell.
Rechts unten signiert. Auf Japan-Bütten. 33,7 x 20,8 cm (13,2 x 8,1 in), blattgroß.

• Seit fast 90 Jahren in Familienbesitz
• Spannungsreiche Komposition durch das Zusammenspiel von Transparenz und kraftvoller Farbgebung
• Das delikate Spiel mit Form und Farbe ist die künstlerische Essenz dieses Blumenaquarells
.

Mit einer Fotoexpertise von Prof. Dr. Manfred Reuther vom 11. April 2022. Das Aquarell ist unter der Nummer "Nolde A - 242/2022" im Archiv Reuther registriert.

PROVENIENZ: Galerie Ferdinand Möller, Berlin.
Privatsammlung Süddeutschland (1932 vom Vorgenannten erworben).
Seither in Familienbesitz.

AUSSTELLUNG: Verzeichnis der Aquarelle von Emil Nolde, Galerie Ferdinand Möller, Berlin, 1. - 31. März 1934. Kat.-Nr. 7.

"Blumen blühen den Menschen zur Freude. Ich male sie im Sommer, tragend die Freude in den Winter."
Emil Nolde, zit. nach: Manfred Reuther (Hrsg.), Emil Nolde, Mein Garten voller Blumen, 2010, S. 9.

Die Blumen führen Nolde zur Farbe. Sie geben ihm den Mut, die Farbe frei und rein zu setzen. Die ersten Blumenbilder entstehen 1906 und die folgenden zwei Jahre beschäftigt er sich intensiv mit dem Motiv. Doch sind seine bisherigen Blumenbilder Ölgemälde. Die ersten großen Blumenaquarelle entstehen vermutlich in Utenwarf. Leider lässt sich die Entwicklung in dieser Technik nur schwer nachvollziehen. Nur sehr wenige seiner Aquarelle hat Nolde datiert. Zwar lassen sich bestimmte Themenkreise zeitlich bestimmen, aber die Blumenaquarelle gehören nicht dazu. Sie stehen als geschlossene Gruppe vor uns. Zum Teil gehen sie in andere Themen über, werden zum Beispiel mit Figuren zu Stillleben arrangiert oder komplettieren seine Tierdarstellungen. Überall, wo sich das Ehepaar Nolde niederlässt, legen sie einen Blumengarten an. Über ihren Garten in Utenwarf schreibt Nolde: "Der Garten auf Utenwarf, in seiner schräg der Sonne zugelagerten Lage die Warft hinab, war besonders schön zugewachsen und blumenreich. Die leuchtend roten Rosen lagen in Wellen den Südhang hinunter und oberhalb um den schmalen Teich, der ganz voll Fische war, blühten alle schönsten Stauden. Es war eine Sehenswürdigkeit geworden. Ein kleines Paradies. Aber die Einbildung, daß in der Marsch keine Blumen wachsen konnten, war widerlegt!" (Emil Nolde, zit. nach: Martin Urban, Blumen und Tiere, 1965, S. 23). Dieser Garten regt ihn nach sechsjähriger Pause zu neuen Blumenbildern an und begleitet sein Werk fortan ununterbrochen. Die Blumendarstellungen lassen seiner Farbfantasie mehr Freiheit als jedes andere Thema und treiben Nolde in die Nähe der Abstraktion. Er nimmt die Blütenköpfe in ausschnitthafter Nahansicht in den Fokus. Ihn interessiert hierbei nicht das dokumentarische Studium der Pflanzen, sondern vielmehr die simultane Wirkung der leuchtenden Farben. Sie sollten fortan zum zentralen Ausdrucksträger seiner Schöpfungen werden und die Bedeutung der Kontur zunehmend in den Hintergrund drängen. Ob geheimnisvoll aus dem Dunkel leuchtend oder offen im Freien in verschwenderischer Farbe leuchtend, kaum ein Maler der klassischen Moderne hat Blumen und Blüten so viele Sehweisen entlockt wie Emil Nolde. Wie auch immer er sie sah, die spontane Erfassung des Wesentlichen bleibt der Kern der Aussage. Kein besonderes Arrangement braucht Nolde, um seinen Blumen Geltung zu verschaffen. Sie wirken aus sich heraus. Das Spiel mit Form und Farbe, in diesen Aquarellen eindeutig von der Farbe dominiert, ist die künstlerische Essenz dieser Blätter. [SM]



441
Emil Nolde
Gladiole, Um 1930.
Aquarell
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 67.500

(inklusive Aufgeld)