Auktion: 514 / Evening Sale am 11.12.2020 in München Lot 267


267
Christian Rohlfs
Kornpuppen im Kornfeld, 1907.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 106.250

(inkl. Käuferaufgeld)
Kornpuppen im Kornfeld. 1907.
Öl auf Leinwand.
Nicht bei Vogt (Vgl. Vogt 408). Rechts unten signiert. 50,5 x 70,5 cm (19,8 x 27,7 in).

• Zentrales Werk aus der nachpointillistischen Phase.
• Der Einfluss Vincent van Goghs ist deutlich sichtbar.
• Der Malstil zeigt Rohlfs Öffnung hin zur modernen Malerei.
• Im selben Jahr malt Rohlfs das "Kornfeld", diese zu unserem Gemälde ähnliche Version befindet sich in der Sammlung des Museum Folkwang, Essen.
• Seine Werke sind in internationalen Sammlungen wie dem Museum of Modern Art, New York, oder dem Metropolitan Museum of Art, New York, vertreten
.

Die Arbeit ist im Christian Rohlfs Archiv am Osthaus Museum Hagen unter der Nummer CRA 166/18 registriert.

PROVENIENZ: Privatsammlung Norddeutschland.
Privatsammlung Berlin.

Wie kein anderer Künstler beeinflusst Vincent van Gogh eine ganze Malergeneration: Die Künstler lassen sich von der Farbigkeit seiner Bilder, dem deutlich sichtbaren Pinselduktus und den vielseitigen Motiven inspirieren. Auch der in Schleswig-Holstein geborene Christian Rohlfs gehört zu jener Gruppe von Künstlern, die vom Œuvre des Niederländers beeinflusst werden und deren Kunst deutliche Referenzen zeigt. Das vorliegende Werk "Kornpuppen im Kornfeld" (1907) ist ein Paradebeispiel hierfür und ein Resultat der Begegnung mit van Gogh. Tatsächlich lernt Rohlfs dessen Werke im Jahr 1903 auf einer Ausstellung im Folkwang Museum kennen. Fast identisch zu den Gemälden van Goghs verwendet der deutsche Maler einen kurzen, fast pointillistischen Pinselstrich, der deutlich erkennbar ist und zu großen Teilen fast parallel gesetzt ist. Rohlfs trägt die Farbe pastos auf den Malgrund auf und bewirkt so einen reliefartigen Eindruck. Auch die Farbigkeit ist eine deutliche Hommage an den Stil van Goghs: Intensive Grün-Blau- und Ockertöne bestimmen die Farbpalette und erwecken so den Eindruck einer frühsommerlichen Landschaft. Trotz des expressiven Malstils, der sich durch die Farbigkeit, den sichtbaren Pinselstrich und den Farbauftrag definiert, wirkt Rohlfs Werk ausgeglichen und spiegelt seine Malfreude wider.
Das Werk "Kornpuppen im Kornfeld" steht an besonderer Stelle im Gesamtwerk, da es bereits einige Jahre später, ab Mitte der 1910er Jahre zu einem deutlichen Wandel in Rohlfs Kunst kommt. Der Pinselduktus als wichtige Bildkomponente verschwindet völlig und eine neu gewonnene Flächigkeit charakterisiert seine Malerei fortan.
Nicht nur die formalen Elemente bezeugen den Einfluss van Goghs in dem vorliegenden Werk, auch das Motiv der Kornpuppen ist als direktes Bildzitat zu verstehen. Die Heuernte, Heuhaufen und die Person des Säers sind wiederkehrende Motive in der Kunst van Goghs, beispielhaft hierfür ist das Gemälde "Heuhaufen in der Provence" (1888), das sich heute im Kröller-Müller Museum in Otterlo befindet. Auch andere Maler greifen das Thema auf; der Franzose Claude Monet widmet dem Motiv mehrere Arbeiten und Gabriele Münter zeigt den Heuhaufen in der gleichnamigen Arbeit aus dem Jahr 1909. In Christian Rohlfs' Ölgemälde erscheinen die Kornpuppen diagonal gestaffelt und organisieren so den Bildraum. Es ist auffällig, dass die formalen Qualitäten – wie Farbe und Pinsel – und der Inhalt in Rohlfs' Gemälde gleichberechtigt sind und dadurch eine untrennbare Einheit bilden. Für den Betrachter ergibt sich so ein geschlossener Bildraum und ein harmonisches Gesamtbild. Darin besteht schließlich das malerische Anliegen seiner Kunst, das Rohlfs in den folgenden Jahren weiterverfolgt und für welches die vorliegende Arbeit exemplarisch steht. "Kornpuppen im Kornfeld" ist deshalb essenziell, um die Intention seiner Malerei zu verstehen.
Christian Rohlfs gehört zu den großen deutschen Malern des 20. Jahrhunderts. Sein Œuvre umspannt über sieben Jahrzehnte und reflektiert seine große Experimentierfreude: Der Künstler greift unterschiedliche Stile, Motive, Techniken und Medien auf und schafft somit ein spannendes und äußerst abwechslungsreiches Gesamtwerk. "Jede Arbeit, auch die kleinste Skizze oder Studie, jeder Abzug seiner Holz- und Linolschnitte, die er selbst mit der Hand druckt, zeigen einen frischen Neubeginn, eine Variation, eine Abwandlung des Vorherigen." (Zit. nach: Florian Karsch, Christian Rohlfs, zum 140. Geburstag, Galerie Nierendorf, Berlin, 1990, S. 4) [SL]



267
Christian Rohlfs
Kornpuppen im Kornfeld, 1907.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 106.250

(inkl. Käuferaufgeld)