Auktion: 514 / Evening Sale am 11.12.2020 in München Lot 230


230
Daniel Richter
Fühlung, Flirrung, Flüchtung, 1999.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 180.000
Ergebnis:
€ 225.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Fühlung, Flirrung, Flüchtung. 1999.
Öl auf Leinwand.
Verso auf der Leinwand signiert, datiert und betitelt. 215 x 170 cm (84,6 x 66,9 in).
Verso mit einigen kleinen Skizzen des Künstlers.
• Großformatiges Werk aus Richters abstrakter Schaffensphase, mit der er sich in den 1990er Jahren in die erste Riege der zeitgenössischen deutschen Maler katapultiert.
• Mitreißende Farben- und Formenexplosion.
• Daniel Richter verwirklicht hier den "maximalen Überfluss von Farbe und Malerei" (Roberto Ohrt).
• Der Künstler schafft eine Symbiose aus Zufälligem und Geplantem, aus Fläche und Detail, aus Abstraktion und Assoziation, aus Kitsch und Schönheit
.

PROVENIENZ: Privatsammlung Paris.
Galleri k, Oslo (2004 vom Vorgenannten erworben).

LITERATUR: Chochon-Barré Allardi (S.V.V.), Drouot Richelieu, Paris, Art contemporain, 12.5.2004, Los-Nr. 48 (mit Abb., S. 2).

"Letztlich gibt es keinen Unterschied zwischen der abstrakten und der figurativen Malerei."
Daniel Richter, zit. nach: Jens Rönnau, in: Kunstforum, Bd. 168, Gespräche mit Künstlern, 2004, S. 262-275.

Hello Daniel, we love you
Daniel Richter kann auf eine beeindruckende Liste an Einzelausstellungen zurückblicken, darunter das K 21 in Düsseldorf, der Neue Berliner Kunstverein, das Kunstmuseum Basel, die Hamburger Kunsthalle und die Kestner-Gesellschaft in Hannover. Er gilt als einer der erfolgreichsten Maler der Gegenwart (SZ Magazin) und man attestierte der Kunstwelt bereits vor zehn Jahren einen regelrechten "Daniel-Richter-Boom". Aber gerade in den letzten Jahren werden seiner Erfolgsgeschichte noch einige neue Kapitel hinzugefügt, denn die Arbeiten des Künstlers sind nun auch in zahlreichen groß angelegten Ausstellungen zu sehen. 2015 widmet ihm die Frankfurter Schirn Kunsthalle die Einzelausstellung "Hello, I Love You". 2016 und 2017 sind seine Arbeiten Teil der umfassenden Retrospektive "Lonely Old Slogans" im Louisiana Museum im dänischen Humlebæk, im Wiener 21er Haus (heute Belvedere 21) und im Camden Arts Centre in London. Daniel Richters Werke befinden sich mittlerweile in zahlreichen renommierten öffentlichen Sammlungen weltweit, u. a. in der Hamburger Kunsthalle, im Städel Museum in Frankfurt, im Centre Pompidou in Paris oder im Museum of Modern Art in New York.

"Ein Überfluss von Farbe und Malerei"

Daniel Richters Œuvre zeugt von Vielschichtigkeit, ständiger Veränderung, Weiterentwicklung und auch Ambivalenz. Wie auch das hier angebotene, großformatige Werk schwanken seine Arbeiten zwischen Fläche und Detail, strenger Komposition und Zufallsmoment, zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion, Schönheit und kultigem Kitsch. Wie seine Lehrmeister Werner Büttner und Albert Oehlen widmet sich Daniel Richter zunächst der abstrakten Malerei, doch während die Künstlerkollegen mit flächigem, pastosem Farbauftrag und groben Übermalungen die malerische Geste und die Aura des gemalten Bildes selbst in Frage stellen, baut Daniel Richter seine psychedelisch anmutenden Bilder stattdessen aus farbintensiven, kleinteiligen Formen, sorgfältig angelegten Gitterstrukturen, geometrischen Mustern, Linienkompositionen, ornamental-verschlungenen Figurationen und getropften Farbspritzern zusammen. Der Kunsthistoriker Roberto Ohrt bezeichnet Richters Arbeiten der 1990er Jahre deshalb sehr treffend als "maximale[n] Überfluss von Farbe und Malerei", denn sie strotzen vor unbändiger Lust an Formenvielfalt und scheinbar unbegrenzter Farbpalette und spannen einen faszinierenden Bogen von scheinbar Zufälligem und nahezu pedantisch geplanter Bildkomposition. "Richters abstrakte Bilder seit 1995 zeichnet ein manchmal geradezu berserkerhaft betriebener Wechsel zwischen dem durchgeplanten Ornament und der zufälligen Geste aus, das sorgfältig Angelegte und Ausgemalte scheint sich in einem ständigen Kampf mit dem Dahingewischten, dem Getropften und Gekleckerten zu befinden." (Christoph Heinrich, Direktor des Denver Art Museums, in: Ausst.-Kat. Daniel Richter. Die Palette, 1995-2007, S. 9)

Abstraktion, Figuration und die Organisation von Farbe auf Fläche

Um die Jahrtausendwende vollzieht sich in seinem Schaffen ein radikaler Wandel, der ihn mit ersten, figurativen Darstellungen mit erzählerischem Unterton in eine zweite Werkphase führt, bevor dann vor wenigen Jahren eine weitere Veränderung in seinem Schaffen stattfindet, eine Neuorientierung, mit der er sich von der Narration und Figuration wieder weitestgehend entfernt und sich einer flächigeren, schematischeren Malerei zuwendet. "Letztlich gibt es keinen Unterschied zwischen der abstrakten und der figurativen Malerei", erklärt der Künstler selbst, "die Probleme der Organisation von Farbe auf Fläche bleiben eigentlich immer die gleichen." (Ebd., S. 10) So strukturiert Richter sein hier angebotenes, im ersten Moment chaotisch erscheinendes malerisches Spektakel unter anderem mithilfe ganz charakteristischer linearer Geflechte, Konturlinien und Farbverschlingungen, die das verspielte, kleinteilige Werk - ähnlich wie die Rippen und Knochen eines Körpers - im Ganzen zusammenhalten. Der Bildaufbau dieser abstrakten Werke ist deshalb bereits mit Mosaik- oder Cloisonné-Techniken verglichen worden, in denen ebenfalls einzelne kleine Farb- und Formenfragmente zu einer Gesamtkomposition, einem Kunstwerk zusammengesetzt und verbunden werden. Zusätzlich macht sich Daniel Richter auch gewisse Techniken aus der Graffiti-Kunst zu Nutze: Outlines, mit denen einzelne Buchstaben unterteilt werden, und die meist weißen Inlines, mit denen in der Street-Art Plastizität und Lichtreflexe dargestellt werden, finden sich auch in den überbordenden Malexplosionen der 1990er Jahre, unter denen sich das hier angebotene Werk als repräsentatives und besonders gelungenes Beispiel behaupten kann. [CH]



230
Daniel Richter
Fühlung, Flirrung, Flüchtung, 1999.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 180.000
Ergebnis:
€ 225.000

(inkl. Käuferaufgeld)