Die idyllischen, an den klassischen Topos des Locus amoenus erinnernden Szenerien vor dem Bauerngehöft gehören zu Keller-Reutlingens charakteristischsten Motiven. Die stilisierte und reduzierte Formen- und Farbsprache und die Präszision in der Ausführung verleihen seinen Gemälden dabei eine traumhaft-surreale und märchenhafte Stimmung. Die Gehöft-Bilder, in denen er unter klarem blauen Himmel mit kompakten Wolkenballen vor der flächigen Architektur kleinste Staffagen arrangiert, bieten ihm so die Möglichkeit des Arbeitens in Variationen - Arrangements von geometrischen gegenüber organischen Formen der Vegetation und der Wolken, sowie bewusster Einsatz von Farbtupfern der weißen Wäsche, Gänsen und Sonnenblumen und sich abzeichnenden Schatten. Diese Gemälde sind über ihr idyllisches Motiv hinaus faszinierende Auseinandersetzungen mit den Möglichkeiten der Malerei. Eine lebendige Bildgestaltung vor allem aufgrund der Beleuchtungseffekte, die mit der Statik der Architektur kontrastieren ist das Markenzeichen der Gemälde des Künstlers, der in seinem umfangreichen Schaffen italienische und heimatliche Motive von der Schwäbischen Alb sowie der Gegend um Dachau, wo er von 1880 bis 1890 immer wieder arbeitet, vereint. Keller-Reutlingen lernt zunächst den grafischen Beruf des Xylografen. Zwischen 1872-75 besucht er die Stuttgarter und Münchner Kunstakademie. Nach einer vierjährigen Reise durch Italien lässt er sich 1879 in München, anschließend in den umliegenden Orten Dachau und Fürstenfeldbruck nieder und beginnt, seine Werke auf den Ausstellungen in Wien, Stuttgart, München und Düsseldorf mit großem Erfolg auszustellen. [KT]