Auktion: 545 / Evening Sale am 08.12.2023 in München Lot 69


69
Imi Knoebel
Rot-Weiss, 1991.
Acryl auf Holz
Schätzung:
€ 120.000
Ergebnis:
€ 190.500

(inklusive Aufgeld)
Rot-Weiss. 1991.
Acryl auf Holz.
Verso signiert und datiert. 250 x 170 x 8,5 cm (98,4 x 66,9 x 3,3 in). [JS].

• Monumentales Unikat von beeindruckender räumlicher Wirkung.
• Knoebel verleiht den rot und weiß bemalten, in den Raum hineinragenden Holzflächen durch den Pinselduktus ein faszinierendes "malerisches Inkarnat".
• In seiner berühmten Werkreihe "Rot-Weiß" hat Knoebel das Prinzip der Reduktion und Variation auf die Spitze getrieben.
• Faszinierende Symbiose aus beruhigender Balance und spannungsvoller Disbalance.
• Zuletzt waren Knoebels Arbeiten u. a. in der Ausstellung "Imi Knoebel. Green Flag" im White Cube, Hongkong (2023), und in der Ausstellung "Balance" im Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart, Berlin (2022), zu sehen
.

PROVENIENZ: Galerie Fahnemann, Berlin.
Privatsammlung Norddeutschland (vom Vorgenannten erworben).

"Imi Knoebel zählt zu den radikalsten und konsequentesten abstrakten Künstlern von heute [..] im Werk von Knoebel fügt sich Radikalität und Konsequenz zu einer ausgewogenen, jedoch immer von neuem auf die Probe gestellten Einheit zusammen."
Zdenek Felix, zit. nach: Imi Knoebel. Retrospektive 1968-1996, Ausst.-Kat. Haus der Kunst, München 1996, S. 291f.

Das serielle Arbeiten und das stetige Experimentieren mit der Modulation ist besonders typisch für Imi Knoebels ausgesprochen systematisch angelegtes künstlerisches Werk. Teils setzt der Künstler seine geometrischen, häufig aus den Grundformen Rechteck und Quadrat entwickelten Kompositionen aus farbig bemalten Folienstreifen zusammen oder aber überführt diese Arbeitsweise durch das Malen auf Aluminiumstäben oder – wie im vorliegenden Fall – auf tiefenräumlich konstruierten Holzflächen sogar in die dritte Dimension. Formal entscheidet Knoebel sich in "Rot-Weiss" für ein fragmentiertes Hochformat, dessen Partien nicht nur farblich voneinander abgesetzt sind, sondern auch durch Fugen räumlich akzentuiert werden. Auf diese Weise erreicht Knoebel in der vorliegenden Arbeit eine maximale Steigerung des Eigenwertes der Farbe. Zugleich setzt der Künstler den Pinselstrich sichtbar ein und erreicht damit bei genauer Betrachtung eine subtile Strukturierung der Fläche. Pinsel und Farbe hüllen die glatte Oberfläche des Holzes gleichsam in eine Schicht aus Farbe und Duktus, ein malerisches Inkarnat. In seiner berühmten Werkreihe "Rot-Weiss" hat Knoebel im Hochformat eine Vielzahl von Variations- und Assoziationsmöglichkeiten durchgespielt. Diese minimalistische Modulationsfreude und das freie Spiel mit den teils gegenständlichen Assoziationen zeichnet auch das dreiteilige Mappenwerk "Rot-Weiss" aus, in welchem Knoebel diesen Variationsreichtum in Form von collagierten Farbserigrafien durchexerziert. Unser im Kontext dieses Werkkomplexes entstandenes Unikat auf Holz überführt dieses kreative Spiel mit der Modulation ins Monumentale. Und auch das stets indirekt mitschwingende Spiel mit der figürlichen Assoziation bleibt in unserer Komposition nicht aus, da bei Knoebels Rechteckmodulationen egal in welcher Farbigkeit – wie in seinen etwa zeitgleichen Werkfolgen der "Portraits" und "Grace Kelly" – meist auch der Gedanke an ein stilisiertes Gesicht mitschwingt. Auch in unserem radikal reduzierten Riesenformat "Rot-Weiss" versucht unser Sehsinn nach bekannten Kriterien zu arbeiten und so ergibt sich bei längerer Betrachtung geradezu unweigerlich das Gefühl, ein stilisiertes Gesicht mit einem aus der Horizontale in die Vertikale verrutschten roten Mund vor sich zu haben. Diese subtile Balance aus spannungsvoller Disbalance und beruhigender Symmetrie zeichnet die vorliegende Komposition neben ihrer enormen räumlichen und haptischen Präsenz in entscheidender Weise aus. Knoebels radikal abstrakte Schöpfungen, seien sie zwei- oder dreidimensional, haben immer das Quadrat oder das Rechteck als Ausgangspunkt, an dem Knoebel mit seiner künstlerischen Begeisterung für die schier unendliche Variationsbreite abstrakter Formationen ansetzt. Der Beuys-Schüler Knoebel hat auf diese Weise immer wieder radikal Neues geschaffen, das stets vom Eigenwert der Farbe getragen ist. Angesprochen auf den eigenwilligen Gegensatz zwischen den wilden künstlerischen Aktionen der Anfangsjahre und der enormen Strenge des gefundenen künstlerischen Ausdrucks, hat Knoebel einmal festgehalten: "Ein wichtiger Part dabei waren die Russen, die russische Bewegung um Malewitsch [..] damals kam gerade dieses Buch raus 'Die gegenstandslose Welt' [..] Fasziniert waren wir von dem Schwarzen Quadrat. Das war für uns das Phänomen, das uns völlig eingenommen hatte" (zit. nach: Imi Knoebel. Retrospektive 1968-1996, Ausst.-Kat. Haus der Kunst, München 1996, S. 279). Für Knoebels farb- und variationsbasiertes Schaffen sind neben Malewitsch und der Malerei des Konstruktivismus auch Jawlenskys berühmte "Meditationen" sowie das für die abstrakte Kunst der 1970er und 1980er Jahre wegweisende Œuvre seines früh verstorbenen Künstlerfreundes Blinky Palermo in entscheidender Weise initiierend gewesen. [JS]



69
Imi Knoebel
Rot-Weiss, 1991.
Acryl auf Holz
Schätzung:
€ 120.000
Ergebnis:
€ 190.500

(inklusive Aufgeld)