Auktion: 545 / Evening Sale am 08.12.2023 in München Lot 25


25
Conrad Felixmüller
Bildnis Dr. Erich H. Müller, 1916.
Öl auf Leinwand
Schätzpreis: € 300.000 - 500.000
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Bildnis Dr. Erich H. Müller. 1916.
Öl auf Leinwand.
Rechts in der Darstellung signiert. 70,5 x 47,5 cm (27,7 x 18,7 in).
[SM].

• Felixmüller ist der Shootingstar der avantgarden Kunstszene der späten 1910er Jahre in Dresden und Berlin.
• Im Entstehungsjahr unseres Porträts stellt der 19-jährige Felixmüller in der wichtigen "Sturm"-Galerie bei Herwarth Walden in Berlin aus und ist Mitarbeiter der Avantgarde-Zeitschrift "Die Aktion" von Franz Pfemfert.
• Avantgardistisches Porträt dieser Zeit von musealer Qualität.
• Mit seinem einzigartigen Stil wird Felixmüller zum wichtigsten Porträtisten seiner Zeit
.

PROVENIENZ: Dr. Erich H. Müller, Dresden.
Galerie Döbele, Dresden.
Galerie Brockstedt, Berlin. (2015, vom Vorgenannten erworben).
Manfred Weber, Frankfurt (seit 2015, vom Vorgenannten erworben).
Nachlass Manfred Weber.

AUSSTELLUNG: Von der Zeitenwende. Berliner Secession bis zur Novembergruppe. 1898 bis 1919, Bröhan-Museum, Berlin, 19.11.2015-3.4.2016, Kat.-Nr. 113, Abb. S. 158.

LITERATUR: Heinz Spielmann (Hrsg.)/Titus Felixmüller, Conrad Felixmüller. Monographie und Werkverzeichnis der Gemälde, Köln 1996, S. 222, WVZ-Nr. 108.

Aufrufzeit: 08.12.2023 - ca. 17.48 h +/- 20 Min.


Florierende Dresdner Jahre

Die Karriere des 1897 in Dresden geborenen Conrad Felix Müller beginnt atemberaubend rasch und erfolgreich. Nach seinem Studium an der Dresdner Akademie lässt er sich im Herbst 1915 mit erst 18 Jahren als freischaffender Künstler in Dresden nieder, erhält sogleich einen Vertrag bei der renommierten Kunsthandlung Emil Richter in der Prager Straße und lernt im Sommer in Berlin durch Ludwig Meidner den Galeristen der Avantgarde Herwarth Walden sowie die Künstler des "Sturm"-Kreises kennen. Er wird Mitarbeiter der Zeitschrift "Der Sturm" und trifft den Herausgeber der Zeitschrift "Die Aktion", Franz Pfemfert, für den er bis 1924 Illustrationen anfertigen wird. Bereits 1916 stellt er in der Berliner Galerie "Der Sturm", 1917 bei Hans Goltz in München sowie in den Galerien Emil Richter und Ernst Arnold in Dresden aus. In dieser frühen Zeit veranstaltet Conrad Felixmüller, diesen Namen führt er so ab 1917, in seinem Dresdner Atelier regelmäßig "Expressionistische Soireen" als Lese- und Diskussionsabende, begegnet seiner späteren Frau Londa Freiin von Berg (1896–1979), die er im Juni 1918 heiratet, und zieht mit ihr nach Wiesbaden. Dort trifft er auf den Sammler Heinrich Kirchhoff, der ihn eine Zeit lang mit einem Fixum unterstützt, ist Mitarbeiter bei verschiedenen expressionistischen Zeitungen, und noch im Herbst 1918 kehrt Conrad Felixmüller zurück nach Dresden-Klotzsche. 1919 ist er Gründungsmitglied und wird Präsident der Dresdner Sezession mit Lasar Segall und Otto Dix. 1920 erhält der engagierte Künstler den Sächsischen Staatspreis (Rompreis). Statt nach Italien reist Felixmüller mit der umgewidmeten finanziellen Ausstattung des Rompreises ins Ruhrgebiet. In der Folgezeit entstehen mit den Bildern aus dem Ruhrrevier Hauptwerke seines frühen Schaffens. Für Felixmüller bildet seine Herkunft aus einer Arbeiterfamilie, die allerdings in ihrer kulturellen Identität und der musischen Erziehung ihrer Kinder einen durchaus bürgerlichen Anspruch verfolgt, die Brücke zum künstlerischen und politischen Engagement in der Kriegs- und frühen Nachkriegszeit. Den Kontakt in die Welt der Industriearbeit an Rhein und Ruhr erhält Felixmüller über den bereits erwähnten Wiesbadener Sammler und Kunstmäzen Heinrich Kirchhoff. Dessen Schwager Dupierry ist Bergwerksdirektor im Ruhrrevier. So bricht Felixmüller mit seiner Ehefrau Londa im Juli 1920 zu seiner ersten Reise ins Ruhrgebiet auf, erhält Kontakt zu dem Düsseldorfer Arzt, Kunsthändler und Sammler Dr. Hans Koch sowie zur Szene-Galeristin Johanna Ey (Mutter Ey) (diese gewinnbringende Verbindung wird er auch an die junge Bekanntschaft in Dresden weitergeben, an Otto Dix). Über Frankfurt und Düsseldorf geht es nach Duisburg und Essen, wo man im Hause des Zechendirektors und Kirchhoff-Schwagers wohnt. Das Eintauchen in die Welt der Hüttenwerke und Zechen in Begleitung des Zechendirektors auch in den Bergbau unter Tage ist ein Erlebnis, von dem seine Arbeit unmittelbar und maßgeblich beeinflusst ist. Mit Felixmüllers Arbeiterbildern der 1920er Jahre öffnet sich in der Hinwendung zum Einzelnen der Weg in den Realismus des Spätwerks.

Erich Hermann Müller von Asow
Bei einer der "Expressionistischen Soireen" in seinem Dresdner Atelier wird Felixmüller dem jungen Musikwissenschaftler Erich Hermann Müller von Asow (1892–1964) begegnet sein. Der ebenfalls in Dresden geborene Müller von Asow studiert ab 1912 Musikwissenschaft, Völkerkunde und Pädagogik an der Universität Leipzig und wird 1915 mit der Dissertation "Die Mingottischen Opernunternehmungen 1732–1756" promoviert. Anschließend arbeitet er als Regieassistent am Neuen Theater in Leipzig und wird 1917 künstlerischer Leiter des "Ersten Modernen Musikfestes" in Dresden. Ab 1926 unterrichtet er als Dozent Musikwissenschaft und leitet ab 1931 die Musikabteilung am Mitteleuropa-Institut in Dresden. Zwischen 1933 und 1945 ist Müller von Asow als freier Musikwissenschaftler tätig. Von 1936 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs lebt er in Österreich. 1945 kehrt Müller von Asow nach Deutschland zurück, wo er in Berlin das "Internationale Musiker-Brief-Archiv" gründet und dessen Leiter wird. Müller von Asow ist Spezialist für Musiker-Epistolografie und initiierte die Heinrich-Schütz-Gesellschaft (1922) sowie die Deutsche Chopin-Gesellschaft (1959). Er veröffentlichte u. a. ein "Deutsches Musiker-Lexikon" (1929) sowie "Die Musiksammlung der Bibliothek in Kronstadt" (1930) und ediert Briefe von Händel, Bach, Brahms und Reger.

Das Porträt: Hervorragendes frühes Zeugnis von Felixmüllers Kunststreben
Die Jahre 1915/16 bedeuten für Conrad Felixmüller einen entscheidenden Einschnitt. Der erst 18-jährige Maler wird freischaffender Künstler und beginnt als Porträtmaler, der sich nach den Studien bei Ferdinand Dorsch und Carl Bantzer an der Dresdner Akademie in das 'moderne' Lager schlägt. Conrad Felixmüller wird sich zu einem der bedeutendsten Porträtisten seiner Zeit weiterentwickeln. Anhand der Menschenbildnisse, deren Zahl und Bedeutung im Œuvre Felixmüllers gleich groß ist, lässt sich des Künstlers Werkentwicklung nahezu umfassend darstellen. Schon der 13-jährige Kunstgewerbe-Vorschüler Felix Müller zeichnet mit Leidenschaft Köpfe, was die Schulleitung zu der Empfehlung veranlasst, er solle die weitere Ausbildung in einer Kunstschule fortführen mit dem Ziele, freier Kunstmaler, speziell Porträtmaler zu werden. Zeitlebens hat Felixmüller ein leidenschaftliches Interesse am Menschen, an dessen Antlitz und Charakter ebenso wie an dessen Arbeit. Er dokumentiert das Individuum und das soziale Wesen Mensch im Bild: Menschen, die seinen Lebensweg kreuzen, namhafte Persönlichkeiten, wie den 1914 in Dresden sich aufhaltenden Komponisten und Künstler Arnold Schoenberg, ebenso wie den einfachen Arbeiter, Personen, die ihm nahestehen oder die er verehrt, wie seine Schwester Hanna. Hanna Müller wird später Peter August Böckstiegel heiraten. Der wechselt 1913 von Bielefeld an die Hochschule für Bildende Künste in Dresden und lernt dort den acht Jahre jüngeren Maler Conrad Felixmüller kennen, mit dem ihn bald eine intensive Freundschaft verbindet. Felixmüller sucht in seiner Kunst nach einer Neupositionierung, indem er in der Farbe eine expressionistische und in der Komposition eine kubistische Darstellungsweise wählt. Mit dem herben, schmalen Jünglingsgesicht aus kantig konturierten und orangeroten Gesichtsformen, im expressiven Komplementärkontrast auf grünblauen Fond gesetzt, schafft Felixmüller in dieser Situation mit dem Porträt von Erich Hermann Müller von Asow ein Stück Avantgarde-Malerei von besonderer Güte. Selbstbewusst präsentiert der junge Maler mit energischem Blick und reifen Zügen den angehenden Musikwissenschaftler. Die Sinnesorgane des Porträtierten hebt er dabei besonders hervor: die roten, wie zum Empfang einer Botschaft bereiten Ohren, den sinnlichen, kirschroten Mund und vor allem, wie es für die ersten Bildnisse typisch ist, die betonte Augenpartie. Mit Innovationskraft und Leidenschaft weckt der junge Maler Conrad Felixmüller die Aufmerksamkeit seiner Zeitgenossen und das Interesse der Sammler.

Provenienz
Manfred Weber, ein Frankfurter Philanthrop, der Zeit seines Lebens der Leidenschaft für Kunst und Literatur erliegt baut eine umfangreiche Sammlung auf. Teile dieser Sammlung, die Werke u.a. von Penck, Hundertwasser, Picasso, Chagall und Heckel umfassen werden ab 2024 im Museum Penzberg gezeigt. [MvL]




Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung zu Conrad Felixmüller "Bildnis Dr. Erich H. Müller"
Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.

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Zuschlagspreis bis 800.000 Euro: hieraus Aufgeld 32 %.
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Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 4.000.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 22 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 4.000.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Das Aufgeld enthält die Umsatzsteuer, diese wird jedoch nicht ausgewiesen.

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Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 800.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 21 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 800.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 4.000.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 15 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 4.000.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf die Summe von Zuschlag und Aufgeld wird die gesetzliche Umsatzsteuer, derzeit 19 %, erhoben. Als Ausnahme hiervon wird bei gedruckten Büchern der ermäßigte Umsatzsteuersatz von derzeit 7 % hinzugerechnet.

Wir bitten um schriftliche Mitteilung vor Rechnungsstellung, sollten Sie Regelbesteuerung wünschen.

Berechnung der Folgerechtsvergütung:
Für Werke lebender Künstler oder von Künstlern, die vor weniger als 70 Jahren verstorben sind, fällt gemäß § 26 UrhG eine Folgerechtsvergütung in folgender Höhe an:
4% des Zuschlags ab 400,00 Euro bis zu 50.000 Euro,
weitere 3 % Prozent für den Teil des Zuschlags von 50.000,01 bis 200.000 Euro,
weitere 1 % für den Teil des Zuschlags von 200.000,01 bis 350.000 Euro,
weitere 0,5 Prozent für den Teil des Zuschlags von 350.000,01 bis 500.000 Euro und
weitere 0,25 Prozent für den Teil Zuschlags über 500.000 Euro.
Der Gesamtbetrag der Folgerechtsvergütung aus einer Weiterveräußerung beträgt höchstens 12.500 Euro.

Die Folgerechtsvergütung ist umsatzsteuerfrei.