Auktion: 550 / Evening Sale am 07.06.2024 in München Lot 123001985


123001985
Gabriele Münter
Staffelsee, 1932.
Öl auf Malpappe
Schätzpreis: € 150.000 - 250.000
Informationen zu Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung sind ab vier Wochen vor Auktion verfügbar.
Staffelsee. 1932.
Öl auf Malpappe.
Links unten signiert und datiert. Rückseitig auf der Malpappe mit blauem Kreidestift nochmals signiert und mit Bleistift bezeichnet "96/4 XII.31". 33,1 x 44,5 cm (13 x 17,5 in).


• Gabriele Münter schenkte dieses Bild an den Architekten, der den Umbau des "Russen-Hauses" betreute.
• Das einzigartige Panorama des Staffelsees ist eines ihrer biografischen sowie künstlerischen Hauptmotive.
• Münter gilt als mutige Pionierin und bedeutendste weibliche Vertreterin des Expressionismus.
• Weitere Ansichten des Staffelsees sowie Landschaften aus Murnau befinden sich in den wichtigsten internationalen Sammlungen wie dem Art Institute, Chicago, dem Museum of Modern Art, New York, sowie der National Gallery of Art, Washington.
• Gabriele Münter wird in diesem Jahr mit zahlreichen Museumsausstellungen international gefeiert (Wien, Madrid, London und Bern)
.

PROVENIENZ: Privatsammlung Murnau (Geschenk der Künstlerin an den Architekten, der den Umbau des "Russen-Hauses" Anfang der 1930er Jahre betreute).
Privatsammlung Süddeutschland (durch Erbschaft vom Vorgenannten).
Privatsamlung Bayern (seit 2002).
Privatsammlung Süddeutschland (vom Vorgenannten erworben).

AUSSTELLUNG: Franz Marc Museum, Kochel am See (als Dauerleihgabe 2002-2019).

LITERATUR: Ketterer Kunst, München, Auktion 277, 6.12.2002, Los 91.

Nach ihrem längeren Aufenthalt in Berlin und später in Paris kehrt Gabriele Münter Anfang April 1931 in ihr Murnauer Haus zurück. Sie plant nun, dauerhaft zu bleiben, und lässt auch Umbauarbeiten am "Russen-Haus" durchführen. Diese entlohnt sie mit dem hier vorliegenden Gemälde des ihr so vertrauten Staffelsees.
1914 hatte sie ihr geliebtes Murnau im "Blauen Land" überstürzt verlassen: Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges verliert ihr russischer Lebensgefährte Kandinsky die Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland und emigriert in die Schweiz. Gabriele Münter begleitet ihn und als er sich noch im selben Jahr von Zürich nach Moskau aufmacht, reist sie im Juli 1915 nach Stockholm, um ihn im neutralen Schweden zu treffen. Es wird die Enttäuschung ihres Lebens. "Von 1915 bis 1920 lebte ich in Skandinavien, hatte dort für mich allein große künstlerische Erfolge, verlor aber die Fühlung mit dem Kunstleben in Deutschland. Als ich zurückkehrte, blieb ich fremd und rührte mich kaum, wieder zur Geltung zu kommen. Auf meinem Wanderleben in Pensionszimmern – u. a. in Köln und Berlin wurde [es] nicht viel mit dem Malen, dafür pflegte ich in dem Jahrzehnt von 20–30 in aller Stille die Zeichnung in meinem Skizzenbuch", schreibt Gabriele Münter zurückblickend nach ihrer Rückkehr nach Deutschland Ende der 1920er Jahre (zit. nach: Annegret Hoberg, Gabriele Münter, München 2016, S. 48).
Durch ihre Beziehung mit dem Kunsthistoriker Johannes Eichner, den sie 1927 kennenlernt, findet sie wieder zu innerer Ruhe. Es bietet sich für sie nun die Möglichkeit, das Erprobte zu verarbeiten. "Groß und einfach" will sie nach eigener Aussage die Landschaft sehen. Gabriele Münter findet zu einer gereiften Auffassung von Landschaft. Diese hier vorliegende Arbeit ist außerordentlich typisch für den Stil, mit dem sie an die in den 1910er Jahren in Murnau und dem "Blauen Land" entstandenen Szenerien anknüpft. Gebrochene Farben binden nun die Formen in ein größeres Gesamtkonzept ein und die früher favorisierte starke Konturierung wird nun zugunsten einer kaum mehr wahrnehmbaren Akzentuierung aufgehoben. Mit homogenem, kühnem Farbeinsatz und den kompakten Flächen malt Münter das von der alten Kraft beseelte Motiv des Staffelsees. Sie malt es von einem erhöhten Standpunkt auf dem Dünaberg oberhalb der Kohlgruber Straße aus gesehen, den die Künstlerin über einen kurzen Weg hinter ihrem Haus erreicht. Von dort breitet sich die Landschaft in Richtung Nordwesten aus, den Abhang mit grünen Wiesen hinunter, und trifft zwischen mächtigen Baumkronen und kräftig roten Hausdächern auf den lichten Staffelsee.
Die Künstlerin erobert nun erneut den Blick auf den Staffelsee, der für sie eine Heimat bedeutet, in die sie nach so vielen Jahren gefühlter Unsicherheit zurückkehrt. Mit wenigen Konturen erarbeitet sie sich eine räumliche Distanz aus den Flächen heraus, mit sparsamen Mitteln gelingt ihr erneut eine beeindruckende Leistung in der Landschaftsmalerei. [EH]



123001985
Gabriele Münter
Staffelsee, 1932.
Öl auf Malpappe
Schätzpreis: € 150.000 - 250.000
Informationen zu Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung sind ab vier Wochen vor Auktion verfügbar.