Auktion: 560 / Evening Sale am 06.12.2024 in München Lot 23


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Max Beckmann
Großer Clown mit Frauen und kleiner Clown, 1950.
Öl auf Leinwand
Schätzpreis: € 1.400.000 - 1.800.000
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Großer Clown mit Frauen und kleiner Clown. 1950.
Öl auf Leinwand.
Links unten signiert und datiert "NY [=New York] 50". 128 x 77 cm (50,3 x 30,3 in).
Das Gemälde wird in der Literatur u. a. auch unter den Titeln "Clown mit Frauen und kleiner Clown", "Harlekin", "Grüner Harlekin" und "Grüner Clown" geführt. Beckmann führt das Gemälde, an dem er von Oktober 1949 bis September 1950 gearbeitet hat, in seiner Bilderliste mit folgendem Eintrag auf: "1949 New York, 21 König [gestrichen] gr Clown mit Frauen und k. Clown Pompei [gestrichen] angef. 11. Okt beend. 2. Sept.". Am 21. November 1950 erwähnt Beckmann das Gemälde ein letztes Mal in seinem Tagebuch mit dem Hinweis, dass er nach einem Spaziergang im Central Park noch einmal am "grünen Clown" gearbeitet hat. [JS].

• Der Clown als Alter Ego in Beckmanns "Welttheater": Vom "Selbstbildnis als Clown" (1921) bis zum "Großen Clown mit Frauen" (1950) ist Beckmann mehrfach in diese Rolle geschlüpft.
• "Großer Clown mit Frauen": ein künstlerisches Vermächtnis und emotionales Sinnbild für Beckmanns tragisches Leben im Exil, gefangen zwischen Aufbruch und Ankunft.
• Meisterliche Verknüpfung von Beckmanns zentralen künstlerischen Themen: Selbstreflexion, die Welt als Bühne und das Leben als Irrfahrt.
• Parallel zum berühmten letzten Triptychon "Argonauten" (1950, National Gallery of Art, Washington) entstanden, das ebenfalls als künstlerisches Vermächtnis gilt.
• Eines der letzten Gemälde Beckmanns, an dem er bis Ende November 1950 arbeitet; er stirbt am 27. Dezember 1950 während eines Spaziergangs im Central Park.
• Langjährige internationale Ausstellungshistorie.
• Seit nahezu 60 Jahren Teil der herausragenden Sammlung Berthold und Else Beitz, Essen
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PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers.
Mathilde Q. Beckmann (seit 27. Dezember 1950 aus dem Nachlass).
Curt Valentin/Buchholz Gallery, New York (1951, vermutlich in Kommission).
Dr. Peter Beckmann, Gauting (um 1955/56).
Dr. Hans Sommer, Wertingen (nach 1957).
Sammlung Berthold und Else Beitz, Essen (seit 1965).
Seither in Familienbesitz.

AUSSTELLUNG: Max Beckmann, Curt Valentin/Buchholz Gallery, New York, 3.-28.4.1951, Kat.-Nr. 17 (m. Abb., hier unter dem Titel "The green clown").
Deutsche Kunst. Meisterwerke des 20. Jahrhunderts, Kunstmuseum Luzern, 4.7.-2.10.1953, Kat.-Nr. 238.
Max Beckmann 1884-1950. Gedächtnisausstellung, Werke aus 5 Jahrzehnten, Kunstverein Städtisches Museum und Haus Salve Hospes, Braunschweig, 25.10.-22.11.1953; Kunsthalle Bremen, 29.11.1953-3.1.1954, Kat-Nr. 71.
Max Beckmann, Kunst und Kunstgewerbeverein Pforzheim e.V., Pforzheim, 7.-28.3.1954, Kat.-Nr. 37.
Max Beckmann, 1884-1950, Kunsthaus Zürich, Kat.-Nr. 138 (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett) / Kunsthalle Basel, Kat.-Nr. 126, 22.11.1955-1.8.1956.
Max Beckmann 1884-1950. Gedächtnisausstellung, Städtische Galerie, Würzburg, März 1956, Kat.-Nr. 6.
Arte tedesca: Dal 1905 ad oggi, Palazzo Esposizioni, Rom / Palazzo della Permanente, Mailand, Dez.1957 - Jan. 1958, Kat.-Nr. 19 (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).
50 Jahre Museum Folkwang in Essen, Freunde des Museums sammeln. Drei Ausstellungen aus dem Besitz von Mitgliedern des Folkwang-Museumsvereins e.V., 20.4.-23.6.1972, Kat.-Nr. 4 (m. Abb.).
Max Beckmann, Kunsthalle Bielefeld, 2.11.-14.12.1975, Kat.-Nr. 58 (m. Abb.).
Max Beckmann, Josef-Haubrich-Kunsthalle, Köln, 19.4.-24.6.1984.
Max Beckmann. Gemälde 1905-1950, Museum der Bildenden Künste, Leipzig / Städel Museum, Frankfurt a. Main, 21.7.-23.9.1990, Kat.-Nr. 95 (m. Abb.).
Expressiv!, Fondation Beyeler, Riehen, 30.3.-10.8.2003, S. 188 (m. Abb. S. 125).
Museum Folkwang, Essen (seit 2015 als Dauerleihgabe aus Privatbesitz).
Max Beckmann. Welttheater, Kunsthalle Bremen, 30.7.2017-4.2.2018; Museum Barberini, Potsdam, 24.1.-10.6.2018, Kat.-Nr. 62.

LITERATUR: Anja Tiedemann, Kaldewei Kulturstiftung (Hrsg.), Werkverzeichnis Max Beckmann - Catalogue Raisonné der Gemälde, Frankfurt a. Main, Online-WVZ-Nr. 828.
Barbara und Erhard Göpel, Max Beckmann. Katalog der Gemälde, Bd. 1, Bern 1976, WVZ-Nr. 828.
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Erhard Göpel, Max Beckmann. Die Argonauten - Ein Triptychon, Stuttgart 1957, S. 58 u. 63 (m. Abb. Nr. 3 u. Abb. 43/44 (Ausschnitte)).
Friedhelm Wilhelm Fischer, Max Beckmann. Symbol und Weltbild. Grundriss zu einer Deutung des Gesamtwerkes, München 1972, S. 201.
Erhard Göpel (Hrsg.), Max Beckmann, Tagebücher 1940-1950 (zusammengest. von Mathilde Q. Beckmann), München 1984, Erwähnung des Gemäldes am 3./8./11./26./27. November 1949 und 21. November 1950 (siehe auch 21. Januar 1950 und eventuell auch 9. Oktober 1950).

"Immer wieder rang er mit diesem wichtigen Werk, nicht zuletzt deshalb, weil es in mehrerlei Hinsicht ein Kondensat seiner eigenen Lebenssituation darstellt."
Dr. Christiane Zeiller, Max Beckmann Archiv

"Wenn man dies alles – den ganzen Krieg oder auch das ganze Leben nur als eine Szene im Theater der Unendlichkeit auffasst, ist vieles leichter zu ertragen."
Max Beckmann, Tagebuch, 12. September 1940.

"Die vielen Rollen, die Beckmann auf der Bühne des Welttheaters einnimmt, die vielen Tode, die er stirbt, um dann in veränderter Form neu zu entstehen, sind die nicht letztlich die einzige Möglichkeit, dieses Selbst aus der ungeschiedenen Masse zu retten, [..] als Teil eines grenzenlosen Ganzen?"
Carla Schulz-Hoffmann, zit. nach: Max Beckmann, Selbstbildnisse, München 1993, S. 27.

"Max Beckmann ragt neben Pablo Picasso und Francis Bacon aus dem künstlerisch so reichen 20. Jahrhundert als einer der größten, ja elementarsten Maler heraus."
Bernhard Maaz, Generaldirektor der Bayerischen Gemäldesammlungen,
zit. nach: Ausst.-Kat. Departure, Pinakothek der Moderne, München 2022, S. 13.

Aufrufzeit: 06.12.2024 - ca. 17.44 h +/- 20 Min.

"Ein lächerlicher alter Clown bin ich und nicht's anderes […]"
Max Beckmann, Tagebucheintrag vom 18. April 1946.

Eine ungewöhnlich hohe Zahl an Selbstdarstellungen charakterisiert das Œuvre Max Beckmanns, auch Maske und Verkleidung sind durchgehende Motive in seinem Werk. Neben dem klassischen Genre des Selbstbildnisses gehören in diese Reihe jene Gemälde, die ihn mehr oder weniger versteckt und "maskiert" in unterschiedlichen Rollen zeigen. Die Welt des Zirkus bildet dabei eine Art Generalbass, der sich wie ein roter Faden durch sein künstlerisches Schaffen zieht. Beckmanns "Selbstbildnis als Clown" von 1921, bekennt sich schon im Titel zu der Rolle, die man dem gequälten Künstler, gänzlich ungeschminkt, so gar nicht abnehmen möchte. Versteckter sind seine Selbstbildnisse als "Akrobat auf der Schaukel" (1940, Saint Louis Art Museum), oder als Harlekin auf dem Mittelbild des Triptychons "Karneval" (1943, Iowa City Museum of Art). Immer wieder tauchte der Maler mittels seiner Bilder ein in die faszinierende Welt des Zirkus, der Bühne und dahinter, in der Garderobe, dort, wo die "Verwandlung" stattfindet.

Max Beckmann, Selbstbildnis als Clown, 1921, Öl auf Leinwand, Von der Heydt-Museum Wuppertal.


Max Beckmann, Akrobat auf der Schaukel, 1940, Öl auf Leinwand, Saint Louis Art Museum.

Auch auf dem prachtvollen Gemälde "Clown mit Frauen und kleiner Clown" ist in der Hauptfigur des grün gewandeten, rotnasigen Clowns rechts der Künstler selbst zu sehen. Das Grinsen des Clowns, dessen Anliegen es ist, die Zuschauer zum Lachen zu bringen, ist hier zur buchstäblichen Maske erstarrt, haltsuchend umfasst er sein Instrument, als müsse er sich vor den drei Figuren, die ihn räumlich bedrängen, schützen. Die beiden Frauenfiguren mit ihren unübersichtlichen sinnlichen Reizen und der kleinwüchsige, die Aufmerksamkeit durch laute Musik auf sich ziehende Clown sind ausdrücklich auf ihn, die Hauptfigur, bezogen. Die beiden Frauen sind junge Amerikanerinnen, denen Beckmann in seinem Lebensalltag, etwa dem Unterricht in der Brooklyn Museum Art School, begegnete. Ihre Jugend und Schönheit stehen in starkem Kontrast zu dem gealterten Clown, hinter dem sich das Dunkel auftut.
Die rechte Frau, die den Clown gebieterisch des Platzes zu verweisen scheint, erinnert mit ihrem Grünspan-farbigen Haarschmuck an die Freiheitsstatue. Zur Schicksalsgöttin erhoben entscheidet sie, wer (in den USA) bleiben darf und wer das Land verlassen muss. Sie ist damit Ausdruck der andauernden Ängste des Malers, dessen Aufenthaltsgenehmigung seit seiner ersten Einreise in die USA im September 1947 wiederholt infrage gestellt worden war und der nun das erste Mal eine feste Anstellung und Wohnung in New York hatte, der Millionenmetropole zwischen Elend, Großstadtlärm und funkelnden Lichtern. Die zweite Frau mit rotviolett changierendem Haar und der kleinwüchsige Clown wirken wie Assistenzfiguren zu der gekrönten Frau im golden-königsblauen Gewand. Die gesamte Palette ist in ihrer poppigen Farbigkeit neu und frisch, sie reflektiert Beckmanns jüngste Erfahrungen mit den Neonreklamen New Yorks ebenso wie mit dem modernen Technicolor-Kinofilm.
Max Beckmann begann das Gemälde nach Ankunft an seinem neuen Lebens- und Arbeitsort im Herbst 1949. Der Maler war schwer erschöpft und litt seit längerem an seinen sich stetig verschlechternden Herzbeschwerden. Dennoch hatte er für zweieinhalb Monate mehrere Sommerkurse in Boulder, Colorado, unterrichtet und setzte die anstrengende Lehrtätigkeit in New York fort. Fast täglich sah er sich konfrontiert mit dem Gegensatz des eigenen körperlichen Verfalls und der blühenden, vom Krieg unbelasteten amerikanischen Jugend.
Während der Arbeit an dem Werk, das Beckmann mit Unterbrechungen über ein Jahr lang beschäftigte, formulierte er die besondere Herausforderung an der Gestaltung der Figur des Clowns in seinem Tagebucheintrag vom 8. November 1949: "doch sehr angestrengt an den Clowns. mehr Arbeit als ich erwartet hatte. So ein Clown ist sehr schwer zu gestalten, wegen seiner übertriebenen Gegenständlichkeit." Immer wieder rang er mit diesem wichtigen Werk, nicht zuletzt deshalb, weil es in mehrerlei Hinsicht ein Kondensat seiner eigenen Lebenssituation darstellt. Wenige Wochen vor seinem Tod nahm er sich das Gemälde ein letztes Mal vor und notierte am 21. November 1950 in sein Tagebuch: "Dann doch (gegen Willen) 3 Stunden (nach einem Jahr) am alten grünen Clown. Ganz schön."
Es ist seine letzte Erwähnung dieses Werkes, am 27. Dezember 1950 starb Max Beckmann auf einem seiner Spaziergänge durch New York.
Dr. Christiane Zeiller, Max Beckmann Archiv
Derzeit entsteht eine digitale Gesamtedition von Max Beckmanns Tagebüchern im Max Beckmann Archiv bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München. Bearbeitet wird diese von Dr. Nina Peter und Dr. Christiane Zeiller unter Leitung von Dr. Oliver Kase, der Launch ist für 2025 geplant.
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"Großer Clown mit Frauen" (1950) – Max Beckmanns künstlerisches Vermächtnis
Max Beckmanns "Großer Clown mit Frauen" ist nicht nur eines der letzten Gemälde des Künstlers – es ist ein künstlerisches Vermächtnis, ein geheimnisvolles und zutiefst persönliches Sinnbild des Lebens. Entstanden 1950, kurz vor Beckmanns plötzlichem Tod in New York, tritt uns der Künstler hier noch ein letztes Mal in der Rolle des Clowns, seines berühmten Alter Ego, entgegen. Erstmals 1921 ist Beckmann in seinem "Selbstbildnis als Clown" (Von der Heydt-Museum, Wuppertal) in die Rolle des humorvollen Kommentators unseres tragisch-komischen Daseins geschlüpft. In seinem so vielschichtigen, durch die Welt des Zirkus und der Manege inspirierten malerischen "Welttheater" tritt uns Beckmann fortan mehrfach als Clown, Harlekin oder Artist entgegen. In "Großer Clown mit Frauen", seinem letzten, hoch komplexen Selbstbildnis dieser Art, hat Beckmann darüber hinaus noch einmal kraftvoll alle zentralen Themen seines Oeuvres in einer einzigen Komposition zusammengeführt: seine unermüdliche, geradezu besessene malerische Selbstreflexion, seinen distanzierten Blick auf die Welt als Bühne und das Leben als Szene im großen "Welttheater" sowie seine künstlerische Auseinandersetzung mit seinem Leben im Exil, gefangen zwischen Aufbruch und Ankunft.

Beckmanns letzte große Rolle – "Großer Clown mit Frauen" als tiefgründiges Alter Ego und Sinnbild des Lebens
Besessen von der Welt der Bühne und des Zirkus, den Beckmann regelmäßig besucht, identifiziert sich der Künstler vorrangig mit der Rolle des Clowns, dem humorvollen Kommentator unseres tragisch-komischen Daseins. "Wenn man dies alles – den ganzen Krieg oder auch das ganze Leben nur als eine Szene im Theater der Unendlichkeit auffasst, ist vieles leichter zu ertragen", notiert Max Beckmann am 12. September 1940 im Amsterdamer Exil in sein Tagebuch. Dieses berühmte Beckmann-Zitat wirkt geradezu wie eine Art künstlerischer Kommentar zu jener dichten und faszinierenden Komposition, die Beckmann uns – zehn Jahre später, nach seiner Ankunft in New York – mit diesem faszinierenden Gemälde hinterlassen hat. Es ist ein letzter gewaltiger Höhepunkt seines fesselnden "Welttheaters".
Zahlreiche Gemälde Beckmanns werden in der Zeit des Nationalsozialismus in deutschen Museen beschlagnahmt und 1937 in der Propaganda-Ausstellung "Entartete Kunst" in den Arkaden des Münchner Hofgartens gezeigt. Am Tag der Rundfunkübertragung von Hitlers Rede zur Eröffnung der gleichzeitig im Münchner Haus der Kunst stattfindenden "Großen Deutschen Kunstausstellung" verlässt Beckmann Deutschland für immer. Der Künstler bricht kurzerhand gemeinsam mit seiner Frau Mathilde (genannt Quappi) zu Verwandten nach Amsterdam auf. Was damals als Urlaubsfahrt getarnt war, sollte einer der weitreichendsten Einschnitte in Beckmanns Leben werden. Von Amsterdam aus bewirbt sich Beckmann bereits 1939 um ein Visum für die USA. Erst nach zehn Jahren im Amsterdamer Exil aber wird dem Künstler und seiner Frau schließlich im Sommer 1947 die Einreise in die USA gewährt, wo Beckmann zunächst an der School of Arts der Washington University in St. Louis lehrt, bevor er im Sommer 1949 dauerhaft nach New York übersiedelt.

Statue of Liberty, New York City, Postkarte der 1940er Jahre.

Bereits vier Tage nach Ankunft in Amerika besucht Beckmann das Museum of Modern Art, um sein noch in Deutschland begonnenes Triptychon "Departure" (1932–1935) zu sehen, das 1942, also bereits fünf Jahre vor Beckmanns Ankunft, vom MoMA angekauft worden war. "Die 'Departure' ist eins d. populärsten Bilder in Amerika geworden. Jeder kennt es", schreibt Beckmann 1949 stolz an seine geschiedene erste Frau Minna. Im Jahr 1949 endlich selbst in New York angekommen, beginnt Beckmann bereits nach wenigen Wochen mit der Arbeit an seinem Gemälde "Großer Clown mit Frauen", einem komplexen und emotionalen Sinnbild seines Lebens, welches er schließlich nach mehr als einem Jahr laut seiner Tagebuchnotizen am 21. November 1950 vollendet. Nur wenige Wochen später stirbt Beckmann, einer der bedeutendsten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts, plötzlich und unerwartet während eines Spaziergangs im Central Park.

Max Beckmann im Museum of Modern Art, New York, vor seinem Triptychon "Depature", 1947, Foto: Geoffrey Clements.

Beckmann in New York – Aufbruch und Ankunft, Anziehung und Ablehnung, Freiheit und Fremdheit
Geradezu entfesselt hat Beckmann sich seine emotionale Aufgewühltheit in dieser inhaltlich aufgeladenen und zugleich in weiten Teilen rätselhaft bleibenden Komposition von der Seele gemalt. Dafür tritt uns der Künstler in "Großer Clown mit Frauen" noch ein letztes Mal in der Rolle des Clowns auf der großen Bühne seines unnachahmlichen "Welttheaters" entgegen. Seinem Alter Ego hat Beckmann mit den beiden Frauenfiguren zwei rätselhafte Personifikationen zur Seite gestellt. Sie stehen stellvertretend für Beckmanns letztes Lebenskapitel in Amerika und verkörpern seine vielschichtige emotionale Lage und sein Gefühl der Zerrissenheit mit Blick auf seine neue Heimat, welche der Künstler zugleich als verlockend und abweisend, als befreiend und bedrohlich empfindet. Beckmann musste Deutschland verlassen, seine Malerei war bereits in den amerikanischen Museen angekommen, aber der Künstler selbst hadert zunehmend mit dem Großstadtlärm und dem ihm zusetzenden Klima der amerikanischen Metropole.

Die rechte Frauenfigur, die den Clown offenbar gebieterisch des Platzes verweist, ist aufgrund ihres auffälligen grünen Zackenkranzes im Haar als deutlicher Verweis auf die Freiheitsstatue zu lesen, jenes verheißungsvolle Wahrzeichen Amerikas, das den hoffnungsvoll über das Meer reisenden Neuankömmling vor dem New Yorker Hafen begrüßt. In Beckmanns Bühnenszenerie verlebendigt, wird sie zur Schicksalsgöttin stilisiert, die entscheidet, wer einreisen darf und wer das Land gegebenenfalls wieder verlassen muss. Sie ist damit der künstlerisch formulierte Ausdruck von Beckmanns andauernden Ängsten vor der Rücknahme seiner Aufenthaltsgenehmigung, die seit seiner Einreise in die USA im September 1947 wiederholt infrage gestellt worden war.

Nun endlich hatte er eine feste Anstellung und Wohnung in New York, der fordernden und auch teils überfordernden Millionenmetropole, mit ihrer auf seltsame Weise zugleich faszinierenden wie abschreckenden Ausstrahlung. Mondän und aufreizend sind die Damen, die Mode und das Nachtleben, rau hingegen das Klima und die gesellschaftliche Stimmung in einer zugleich auch vom sozialen Elend gezeichneten Großstadt. Und die quälenden Gedanken an Deutschland, dass er 1937 so fluchtartig verlassen musste, bleiben auch in New York präsent, wenn Beckmann etwa 1950 in seinem Tagebuch notiert: "Piper schickte seine Beckmann-Lebenserinnerungen, ganz niedlich, musste manchmal über mich selber lachen. Komisch, wo ich nun nicht mehr da bin, fange ich an zu leben in Germany.“ (zit. nach: Ausst.-Kat. Max Beckmann. Selbstbildnisse, München 1993, S. 122)

Max Beckmann, Argonauten (Triptychon), 1949/50, Öl auf Leinwand, National Gallery of Art, Washington D.C.

Neben all diesen persönlichen Referenzen ist es Beckmann in dieser hoch komplexen Komposition darüber hinaus gelungen, mit den Themen Jugend und Alter, Sehnsucht und Hoffnungslosigkeit, Anziehung und Ablehnung auf herausragende Weise auch die großen, zeitlosen existenziellen Fragestellungen unseres Daseins meisterlich auf die Leinwand zu bannen.
Wenige Wochen nach Fertigstellung dieses herausragenden künstlerischen Vermächtnisses stirbt Beckmann am 27. Dezember 1950 in New York. Zunächst befindet sich das Gemälde im Besitz von Beckmanns Ehefrau "Quappi", anschließend wechselt es in den Besitz von Beckmanns Sohn Peter. Bereits seit 1965 ist es nun Teil der hochkarätigen Sammlung Berthold und Else Beitz, Essen, mit Meisterwerken des Expressionismus. Aus dieser war "Großer Clown mit Frauen" in den vergangenen Jahrzehnten als Leihgabe in zahlreichen bedeutenden Ausstellungen vertreten, u. a. 2018 in der großen Ausstellung "Max Beckmann. Welttheater", und zuletzt dauerhaft im Folkwang Museum, Essen. [MvL/JS]




Aufgeld und Steuern zu Max Beckmann "Großer Clown mit Frauen und kleiner Clown"
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Berechnung bei Differenzbesteuerung:
Zuschlagspreis bis 800.000 Euro: hieraus Aufgeld 32 %.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 800.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 27 % berechnet und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 800.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 4.000.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 22 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 4.000.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Das Aufgeld enthält die Umsatzsteuer, diese wird jedoch nicht ausgewiesen.

Berechnung bei Regelbesteuerung:
Zuschlagspreis bis 800.000 Euro: hieraus Aufgeld 27 %.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 800.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 21 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 800.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 4.000.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 15 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 4.000.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf die Summe von Zuschlag und Aufgeld wird die gesetzliche Umsatzsteuer, derzeit 19 %, erhoben. Als Ausnahme hiervon wird bei gedruckten Büchern der ermäßigte Umsatzsteuersatz von derzeit 7 % hinzugerechnet.

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