Auktion: 502 / Klassische Moderne II am 18.07.2020 in München Lot 365

 

365
Hermann Max Pechstein
Weißes Haus, Wohl 1928.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 62.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Weißes Haus. Wohl 1928.
Öl auf Leinwand.
Nicht bei Soika. Rechts unten signiert und schwer leserlich datiert. Verso signiert, betitelt und mit den Adressangaben des Künstlers bezeichnet. 51 x 65 cm (20 x 25,5 in).

• In den abgelegenen pommerschen Fischerdörfern Rowe und Leba findet Pechstein in den 1920er Jahren sein neues Malerparadies
• Bereits im Entstehungsjahr museal ausgestellt und erst 2018 in sächsischem Privatbesitz wieder entdeckt
• Ein vergleichbares Gemälde von 1929 mit dem Titel "Ostseelandschaft" befindet sich in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden
.

Mit einem kunsthistorischen Gutachten von Frau Prof. Dr. Aya Soika, Berlin, vom 25. Februar 2018. Die bei Erstellung des Werkverzeichnisses noch unbekannte Arbeit ist nun im unveröffentlichten Archiv der Max-Pechstein-Urheberrechtsgemeinschaft sowie im Archiv von Frau Prof. Dr. Aya Soika unter der Gemälde-Nummer 1928/17 verzeichnet.

PROVENIENZ: Deutsche Kunstgemeinschaft, Berlin (1928, verso mit dem Stempel).
Privatbesitz (vom Vorgenannten 1928 erworben).
Privatbesitz Sachsen (vormals Brandenburg).
Privatbesitz Sachsen (als Geschenk vom Vorgenannten erhalten).

AUSSTELLUNG: Deutsche Kunstgemeinschaft, Ausstellung im Berliner Stadtschloss, November 1928 (auf dem Keilrahmen mit dem schwer leserlichen Stempel und der Nummer "4224").

"[..] ganz abgelegen, wie vergessen von der Zeit"
Pechstein über den pommerschen Ort Rowe an George und Eva Grosz, 12.6.1927, zit. nach: Gutachten A. Soika, S. 2.

Unser in Pechsteins handschriftlichem Werkstattbuch unter den Einsendungen zur Ausstellung der "Deutschen Kunstgemeinschaft" am 17. November 1928 gelistetes Gemälde "Weißes Haus", das sich bisher noch unbekannt in sächsischem Privatbesitz befand, ist vermutlich in den Sommermonaten desselben Jahres entstanden. Zwischen 1927 und 1933 verbringt Pechstein die Sommer im abgelegenen pommerschen Fischerdorf Rowe am Garder See, das aus mehreren alten Bauern- und Fischerhäusern besteht. Diese begeistern den Künstler aufgrund ihrer viele Generationen überdauernden Geschichte und ihrer nur das Nötigste auf kleinem Raum beherbergenden Architektur. Für Pechstein muss Rowe, wo es weder Straßen noch Badegäste noch Elektrizität gab, der perfekte künstlerische Rückzugsort vom Leben in der pulsierenden Metropole Berlin gewesen sein und so berichtet er bereits 1927 seinem Freund George Grosz, dass Rowe "ganz abgelegen, wie vergessen von der Zeit" (Brief vom 12.6.1927, George Grosz Archiv Nr. 534, zit. nach: Gutachten A. Soika, S. 2) ist. Vermutlich hat Pechstein das Gemälde "Weißes Haus" erst nach seiner Rückkehr nach Berlin im Oktober 1928 in seinem Atelier in der Kurfürstenstraße auf den Keilrahmen gespannt und verso mit dem Titel und seinen Adressangaben versehen. Besonders schön hat Pechstein mit "Weißes Haus" die Ruhe und Ursprünglichkeit des Ortes eingefangen, an dem trotz Zivilisation nichts von der Wirkung des Lichtes ablenkt. Das bewegte Wolkenspiel, das Pechstein in pastosem Farbauftrag festgehalten hat, beeinflusst die differenzierte, bis in leuchtende Weißtöne gesteigerte Lichtwirkung auf der Wand des Fischerhauses.
Während "Weißes Haus" noch motivisch an die kurischen Bauernhäuser erinnert, die Pechstein bereits während seines ersten Nidden-Aufenthaltes im Jahr 1909 malerisch verewigt hat, offenbart dieser Vergleich doch auch aufs Deutlichste die stilistische Weiterentwicklung und gesteigerte malerische Schärfe des Expressionisten. 1909 hat der junge "Brücke"-Künstler im "Haus auf der Kurischen Nehrung" (Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid) oder im "Kurischen Haus" (Philadelphia Museum of Art) Architektur und Landschaft noch in impressionistischem Duktus stärker miteinander verwoben, während in der leuchtenden, stärker flächigen Farbgebung von "Weißes Haus" die Klarheit und Schärfe seiner expressionistischen Meisterwerke aufscheint. [JS]



365
Hermann Max Pechstein
Weißes Haus, Wohl 1928.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 62.500

(inkl. Käuferaufgeld)