Auktion: 520 / Evening Sale am 18.06.2021 in München Lot 374

 

374
Max Beckmann
Die großen Kellner, 1944.
Tuschfederzeichnung über Bleistift
Schätzung:
€ 25.000
Ergebnis:
€ 37.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Die großen Kellner. 1944.
Tuschfederzeichnung über Bleistift.
Rechts unten signiert. Verso datiert "26. April 1944" und betitelt bzw. vom Künstler bezeichnet "= Die großen Kellner". Der Titel von Mathilde "Quappi" Beckmann mit "Kellner" vervollständigt. Verso von ihr zusätzlich bezeichnet "A'dam". Auf chamoisfarbenem Bütten (mit dem angeschnittenen Wasserzeichen "PH Antique"). 36,6 x 22,8 cm (14,4 x 8,9 in), blattgroß. [CH].

• Seit über 40 Jahren Teil derselben Privatsammlung.
• Ausgezeichnete Provenienz: ehemals Buchholz Gallery/Curt Valentin, New York.
• Besonders ausgearbeitete Komposition aus Beckmanns Zeit im Exil in Amsterdam
.

Die Arbeit wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis der Zeichnungen von Stephan von Wiese und Hedda Finke aufgenommen. Wir danken für die freundliche wissenschaftliche Beratung.

PROVENIENZ: Buchholz Gallery / Curt Valentin, New York.
Kornfeld und Klipstein / Galerie Kornfeld, Bern (in Kommission).
Worthington Gallery, Chicago (vom Vorgenannten erworben).
Privatsammlung (1979 vom Vorgenannten erworben).

LITERATUR: Kornfeld und Klipstein / Galerie Kornfeld, Bern, 169. Auktion, Moderne Kunst des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts, 20.6.1979, Los 84 (mit ganzseitiger Abb., Tafel 50).

Einen Tag nach der Eröffnung der Ausstellung "Entartete Kunst" am 19. Juli 1937 in München wählt Max Beckmann das Exil und siedelt mit seiner Frau Mathilde (Quappi) von Berlin nach Amsterdam. Am 10. Mai 1940 überfallen deutsche Truppen Holland, Belgien und Luxemburg ohne Kriegserklärung. Die Lebensbedingungen in Holland verschlechtern sich zusehends, "im Winter 1944/45 wurden die Lebensbedingungen in Holland sehr schwierig. Keine Straßenbahn fuhr mehr, man sah kaum noch Fahrräder, weil die meisten von den deutschen Streitkräften konfisziert worden waren. Außer den Wagen der deutschen Besatzungsmacht gab es keine Autos. Die Straßen waren leer und still. Es gab so gut wie keine Nahrungsmittel, kaum Heizmaterial, keinen Strom und auch keine Kerzen", beschreibt Mathilde Beckmann die bedrückende Situation (zit. nach: Mein Leben mit Beckmann, München 1985, S. 35). Bis dahin kümmert sich Beckmann nicht um die Verbote, malt mit elektrischem Licht ohne Verdunkelung weiter. Und spätestens seit den 1920er Jahren geht er gerne in die Cafés und Bars, oft alleine, um in Ruhe Menschen beobachten zu können, so in Berlin, so in Frankfurt und so in Amsterdam. Beckmann bevorzugt Bars und Cafés, die zu mondänen Grandhotels gehören, wie das unweit von Beckmanns Atelier liegende "Krasnapolsky Hotel" mit Wintergarten, oder es sind kleinere Kneipen, oft mit Musik- oder Kabarettdarbietungen. Seine Lieblingslokale in Amsterdam befinden sich fast alle in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung oder in der Umgebung des Leidseplein. Seine Stammkneipe "Kaperschip" liegt schräg gegenüber von seinem Haus am Rokin; da es sich im Souterrain befindet, besucht Beckmann die Kneipe auch während des Fliegeralarms und gönnt sich nach getaner Arbeit im Atelier Sekt und andere Getränke. Auch besucht er Musik- und Varietévorstellungen, etwa in der "Charlotte Chérie"-Bar, einer weiteren "Stammkneipe" des Künstlers.
In welcher Bar Beckmann nun diese Szene wahrnimmt, lässt sich nicht mit letzter Bestimmtheit sagen, auch nicht, ob er diese Begegnung mit den drei Kellnern nicht erst später aus dem Gedächtnis nachempfindet. Im März 1943 werden einige der von Beckmann bevorzugten Lokale geschlossen. Die Kellner allerdings tragen einen Frack, Weste und Fliege und wirken sehr vornehm. Kellner tragen zu dieser Zeit auch in weniger vornehmen Kneipen und Cafés Frack, denn er gehört gleichsam zur auszeichnenden Berufskleidung. Ein Gast betritt die Lokalität und wird von einem Kellner empfangen, während die beiden anderen dahinter ins Gespräch vertieft sind. Beckmann zeichnet sich als rauchender Chronist rechts in die Szene, ist aber nicht unmittelbar eingebunden in das Geschehen. Die Episode ist dem Künstler scheinbar wichtig; dies äußert sich im Titel, in dem das Wort "groß" vorkommt, so in Titeln wie "Großes Cafe", "Große Bar", "Großes Cabaret" und so hier "Die großen Kellner". [MvL]



374
Max Beckmann
Die großen Kellner, 1944.
Tuschfederzeichnung über Bleistift
Schätzung:
€ 25.000
Ergebnis:
€ 37.500

(inkl. Käuferaufgeld)