Lexikon
Französischer Realismus

Der französische Realismus, der Réalisme, wird maßgeblich von drei Künstlerpersönlichkeiten geprägt: Gustave Courbet, Honoré Daumier und Jean-François Millet. Der unbestreitbare Hauptvertreter und Gründungsvater des Realismus als einer programmatisch verstandenen Kunstform ist Gustave Courbet (1819-77). Seine Werke, deren Ziel es war, die Realität ohne Erhöhung oder Verklärung zu erfassen, schockierten Kritik und Publikum. Dem heutigen Betrachter ist kaum mehr nachvollziehbar, welche Aufregungen Bilder wie das "Begräbnis von Ornans" (1849) einst hervorgerufen haben: Courbet zeigt hier eine ländliche Beerdigungszeremonie mit Vertretern aller sozialen Schichten, die Gesichter ungeschönt, die Komposition ungekünstelt, in einem eigentlich den großen Historien vorbehaltenen Format. Dies war nichts weniger als eine Revolution, ein Affront gegen die Sehgewohnheiten des damaligen Publikums.
Kleine Formate und die Breitenwirkung der Lithographie bevorzugte dagegen Honoré Daumier (1808-79). Anstelle des nüchternen, realistischen Blicks eines Courbet erfasste er, der auch als Karikaturist Bedeutendes leistete, seine Umwelt oftmals satirisch-überspitzt; seine Blätter zeigen die Schwächen und Fehler seiner Mitmenschen auf. Honoré Daumier betätigte sich auch in der Malerei und schuf expressive Werke in rembrandtesken Lichtstimmungen.
Jean-François Millet (1814-75) vervollständigt das Dreigestirn des französischen Realismus. Jean-François Millet wandte sich in seiner Kunst ganz dem ländlichen Leben zu; seine Darstellungen des Alltags sind dabei jedoch von einer tiefen suggestiven Kraft, die ihn gelegentlich wie einen Vorläufer des Symbolismus erscheinen lässt. Als Mitglied der "Schule von Barbizon" rechnet Jean-François Millet zudem zu den Bahnbrechern des Impressionismus. Wie in seinem Falle sind die Grenzen zwischen Realismus, Pleinairismus und impressionistischen Strömungen oftmals fließend.