Lexikon
Neusachlicher Klassizismus

Innerhalb der Neuen Sachlichkeit stellt der Neusachliche Klassizismus die bedeutendste und größte Tendenz dar. Alternativ können die Begriffe "Neuklassizistische Strömung" oder "Neuromantische Strömung" der Neuen Sachlichkeit verwendet werden. Im Neusachlichen Klassizismus zeigen sich teilweise auch konstruktivistische Anklänge, in einigen Frühwerken wird ferner ein Nachhall von Expressionismus und Kubismus sowie vom Oeuvre Paul Cézannes wahrnehmbar. Als Hauptvertreter des Neusachlichen Klassizismus gelten Christian Schad, Wilhelm Schnarrenberger, Alexander Kanoldt, Georg Schrimpf, Carlo Mense, Eberhard Viegener, Rudolf Dischinger und Bernhard Dörries.
Im Gegensatz zum Verismus nimmt sich der Neusachliche Klassizismus nicht die harte Lebenswirklichkeit zum Thema, sondern neigt zur Idealität. Oft schweifen die Gemälde in die Ferne zeitloser, unbewegter Landschaften, die, wie auch in früheren Epochen, gerne in Italien verortet werden (Georg Schrimpf, Carlo Mense, Carl Hofer). Der Mensch ist in stilllebenhafter Ruhe und Vereinzelung gegeben, sein Dasein ist als schicksalsbefreite Zuständigkeit aufgefasst.
Max Ackermann, Volker Böhringer, Heinrich Maria Davringhausen, August Wilhelm Dressler und Anton Räderscheidt zeigen sich innerhalb des Neusachlichen Klassizismus zeitkritischer und nehmen auch gewöhnliche, einfache Menschen in ihre Werke auf. Teilweise nähern sich diese Künstler dem Surrealismus an.
Der Neusachliche Klassizismus berührt im Werk mancher Maler auch klar den Verismus, so bei einigen Hannoveranern (Grethe Jürgens, Gerta Overbeck-Schenck, Ernst Thoms, Erich Wegner u.a.), die der KPD-nahen "Assoziation revolutionärer bildender Künstler" (ASSO) verbunden waren. Grethe Jürgens` Bild "Arbeitslose vor dem Arbeitsamt" (1929) kann diese Tendenz beispielhaft veranschaulichen.