Trügerisches Idyll für € 40.000
Hamburg (kk) - Wolfgang Mattheuers „Paradiesgarten, 98/6” steht mit einer Schätzung von € 40.000-60.000 an der Spitze der Ketterer Kunst-Auktion Modern Art & Kunst nach 45 am 30. und 31. März 2007 im Hamburger Messberg 1.
Der Begründer der Leipziger Schule liebt den Widerspruch zwischen Titel und Sujet. Auch sein 1998 entstandenes Ölgemälde wirkt nur auf den ersten Blick paradiesisch. Tatsächlich harmoniert der vordergründige, bunte Optimismus dieser Arbeit nicht recht mit der seltsam steifen Anordnung der Figuren und der Frage nach ihrer Beziehung zueinander. Ohne eindimensional oder moralisierend zu sein, vermittelt Mattheuer seinen gesellschaftskritischen Blickwinkel. Dazu gehört auch das Thema domestizierte und verformte Natur.
Im Gegensatz zum Altmeister der Leipziger Schule steht Henry Moores „Reclining Figure”, die das Bild der Urmutter aufgreift. So sieht der Künstler in seiner Liegenden nicht den verführerischen Akt, sondern die Frau im Sinne ihrer ursprünglichen Bestimmung, als lebensspendendes Wesen. Die Schätzung des Aquarells liegt bei € 25.000-35.000.
Ebenfalls ganz oben angesiedelt ist, neben Asger Jorns zwölfblättriger Farbholzschnittfolge „Etudes et surprises” (Schätzung: € 18.000-20.000), auch Günther Förgs unbetitelte Arbeit aus dem Jahr 1991, in der er meisterhaft künstlerische Empfindungen und Prozesse zum Ausdruck bringt. Das großformatige Werk kommt mit einer Schätzung von € 14.000-18.000 zum Aufruf.
Im Bereich der Skulptur wartet Fritz Koenig gleich mit vier Bronzearbeiten auf, darunter auch sein mit € 12.000-15.000 taxiertes „Kugelrelief VII” aus dem Jahr 1969. Hier setzt sich der Würzburger Künstler mit dem Gegensatz zwischen geometrischen und organischen Strukturen auseinander.
Die geometrische Grundform ist auch für Michael Croissant in seiner 1999 entstandenen „Figur” wichtig. Dennoch läßt die 155 x 40 x 18,5 cm große Arbeit dem Betrachter Raum für eigene Gedanken. Mit ihrer dunklen Patina wirkt die Plastik geheimnisvoll, fast magisch, ja sogar unergründlich. Sehr real ist dagegen die Schätzung mit € 10.000-12.000.
Etwas darunter liegt K.R.H. Sonderborgs unbetitelte Acrylarbeit mit ihrer Taxe von € 7.000-9.000, die ein Berliner Sammler im Entstehungsjahr 1990 direkt vom Künstler erworben hatte.
Im Bereich Post War kommen außerdem, neben Alighiero Boettis „Un pozzo senza fine” für € 10.000-15.000 und Fred Thielers „0/76” für € 12.000-14.000, auch drei Arbeiten von Fritz Winter mit Schätzungen von € 5.000-9.000 zum Aufruf sowie Werke von Horst Antes, Georg Baselitz, Eduardo Chillida, K.O. Götz, Robert Indiana, Roy Lichtenstein, Ernst Wilhelm Nay, Sigmar Polke, Robert Rauschenberg, Gerhard Richter, Pierre Soulages, Frank Stella, Helmut Sturm, Andy Warhol und Tom Wesselmann.
Den Bereich der Modernen Kunst führen zwei Aquarelle von Karl Schmidt-Rottluff an. Im Gegensatz zu den Ölbildern faszinieren sie mit einer spontanen Unmittelbarkeit, die durch den schnellen Arbeitsprozess entsteht. Während die „Nachmittagssonne am Lebasee” mit einer Schätzung von € 25.000-30.000 angeboten wird, könnte „Im Pleissebachtal” bereits für € 18.000-25.000 zu haben sein.
Mit € 18.000-20.000 ähnlich hoch bewertet wird August Mackes 1914 enstandene Kohlezeichnung „Unter den Lauben in Thun I”, die sich auf die Tiefenstaffelung der architektonischen Elemente konzentriert.
Eine Verbindung von Stillleben und Genremalerie findet sich in Gregorio Sciltians mit € 14.000-18.000 angesetztem Ölgemälde „Musikstunde”. In den 1930er Jahren entstanden, klingen hier durch die statische, fast entrückte Art der Szenerie auch Züge der zeitgenössischen Pittura metafisica an. Ganz anders wirkt dagegen die explosive Farbigkeit von Christian Rohlfs „Hängenden Sonnenblumen”. Die Aquarell- und Kreidearbeit aus dem Jahr 1933 ist mit € 14.000-16.000 taxiert.
Für Spannung im Auktionssaal dürfte auch Erich Heckels Holzschnitt „Roquairol” sorgen. Das Werk zeigt ein Bildnis seines Künstlerkollegen Ernst Ludwig Kirchner und wird mit € 12.000-15.000 bewertet, während Heckels Aquarell und Kreidezeichnung „Parklandschaft” die Offerte mit einer Taxe von € 8.000-12.000 bereichert.
Mit € 10.000-13.000 ist Mario Sironis titellose Ölarbeit aus den 1940-50er Jahren angesetzt. Trotz des Formats von 28,2 x 40,5 cm findet sich hier ein Nachklang des von ihm in den 1930er Jahren neu entwickelten Stils einer klassischen Monumentalität.
Die Entstehungsumstände von Max Beckmanns „Apokalypse” sind ein Stück Geschichte: Der Besitzer einer Schriftgießerei beauftragt den als „entartet” verfemten und im Amsterdamer Exil lebenden Künstler mit den Illustrationen zur Offenbarung des Johannes. Unter konspirativen Umständen fertigt Beckmann so die Mappe mit 27 Blättern zu diesem biblischen Text, der für beide, Auftraggeber und Künstler, im vierten Jahr des Weltkrieges eine aktuelle Prognose für den Untergang des Dritten Reichs darstellt. Die Schätzung liegt bei € 8.000-12.000.
Neben Otto Modersohns „Wümme mit Booten” (Taxe: € 12.000-16.000) und Ernst Barlachs „Ruhe auf der Flucht I” (Taxe: € 12.000-15.000) kommen im Bereich der Modernen Kunst u.a. auch Arbeiten von Friedrich Ahlers-Hestermann, Willi Baumeister, Marc Chagall, Salvador Dalí, Otto Dix, Max Ernst, George Grosz, Ernst Ludwig Kirchner, Max Klinger, Oskar Kokoschka, Käthe Kollwitz, Piet Mondrian, Emil Nolde, Hermann Max Pechstein, Pablo Picasso, Serge Poliakoff, Pierre-Auguste Renoir, Karl Schmidt-Rottluff, Maurice de Vlaminck und Heinrich Zille zum Aufruf.
Die Vorbesichtigung aller Werke ist zu folgenden Terminen möglich:
22.-28.März  11:00-17:00 Uhr (außer 25.03.)
29.     März  nach Vereinbarung
Ketterer Kunst, Am Meßberg 1, Hamburg

Ausgewählte Werke werden gezeigt:
12.-14.März   11:00-17:00 Uhr
Ketterer Kunst, Prinzregentenstr. 61, München und

17.-19. März11:00-19:00 Uhr
20. März11:00-18:00 Uhr
Ketterer Kunst, Fasanenstr. 70, Berlin

Auktionsbeginn:
Modern Art 30. März 2006 ab 16:00 Uhr
Kunst nach 4531. März 2006 ab 16:00 Uhr
Ketterer Kunst hat sich seit seiner Gründung im Jahr 1954 als eines der wichtigsten Kunst- und Buchauktionshäuser etabliert. Während das Stammhaus im Münchener Prinz-Alfons-Palais die zwei jährlichen Traditionsauktionen Modern Art & Kunst nach 45 ausrichtet, finden im Hamburger Meßberghof je zwei Auktionen pro Jahr mit folgenden Themenbereichen statt: Alte und Neuere Meister/Maritime Kunst und Wertvolle Bücher - Autographen - Manuskripte - Dekorative Graphik sowie Modern Art & Kunst nach 45, wobei hier der Schwerpunkt bei Arbeiten auf Papier liegt. Außerdem finden immer wieder Ausstellungen, Sonder- und Benefizauktionen sowie Live-Online-Auktionen statt.
Hamburg, den 14. März 2007