Auktion: 545 / Evening Sale am 08.12.2023 in München Lot 33


33
Günther Uecker
Wind, 2005.
Nägel und weiße Farbe, auf Leinwand, auf Holz
Schätzung:
€ 700.000
Ergebnis:
€ 952.500

(inklusive Aufgeld)
Wind. 2005.
Nägel und weiße Farbe, auf Leinwand, auf Holz.
Verso signiert, datiert, betitelt und mit Richtungspfeil. 200 x 160 x 16 cm (78,7 x 62,9 x 6,2 in).

• Seltenes großformatiges Kraftfeld – von musealer Qualität.
• Hochdynamische Nagelung über gestischer Malerei mit abschließender Akzentuierung der Nagelköpfe.
• Trotz des beeindruckenden Formates eine Arbeit von großer Leichtigkeit.
• In seiner einzigartigen Bildsprache gelingt es Uecker, die Dynamik des Windes einzufangen.
• Erstmals auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten (Quelle: artprice.com)
.

Dieses Werk ist im Uecker Archiv unter der Nummer GU.05.011 registriert und wird vorgemerkt für die Aufnahme in das entstehende Uecker-Werkverzeichnis.

PROVENIENZ: Privatsammlung Süddeutschland (direkt vom Künstler erworben).



"Wo die Sprache versagt, da beginnt das Bild." Diese Aussage Ueckers steht für seine über Jahrzehnte währende Arbeit. Wiederkehrende Motive seiner Nagelungen, Werke in Materialien wie Stein, Sand, Erde, Asche zeigen die unerhörte Kraft seiner minimalistischen Vokabeln als eine universal lesbare Sprache. Günther Uecker begeistert. Seine Kunst ist zu vielfältig, um in eine einzige Kategorie zu passen – wie dieses charakteristische, voll Energie geladene, großformatige Nagelfeld. Wir fühlen die Bewegung, ein hin und her wogendes Feld, aufgeladen mit Härte und dennoch gleichzeitig durchströmt von Weichheit. Wir sehen das Licht als einen Teil der gegebenen Materie, mit der er als Künstler arbeitet. Immer spürbar ist der Akt der Entstehung, eine eigene Form der Aggressivität, die sich vom Körper des Künstlers auf den benagelten Grund überträgt. Auch so betrachtet sind die Nagelbilder Gefühlsaggregate, eine Verbindung von Technik und Geist, eine Verbindung zwischen Nagel und Malerei. Die technischen Möglichkeiten, so der Künstler, haben ihn von Anfang an weniger interessiert, vielmehr bedient er sich ihrer als Vehikel für Gedanken und Handlung.

Kunst als authentische Haltung und notwendige Handlung
Das 2005 entstandene Energiefeld "Wind" beeindruckt mit Lebendigkeit und Präsenz: Kraft, Energie und Stärke, zugleich von kontemplativer Schönheit beseelt, begleitet von einer faszinierenden Bewegung und Dynamik einer sanften Wellenbewegung. Die dem harten Material geschuldete Gefahr des Statischen wird durch das bewegende Spiel von Licht und Schatten aufgelöst. Das dichte Gewirr von rhythmisiert eingeschlagenen Zimmermannsnägeln in das Holz formt eine Malerei voller visueller Gewalt, deren Faszination man sich nicht entziehen kann: Nagel für Nagel im Wechsel der Richtung in wogender Ordnung. Die Nägel schlämmt Uecker, wie zuvor den Bildträger, mit weißer Farbe, wodurch sich eine neue Oberfläche bildet. Uecker benutzt die Nägel, um einen dreidimensionalen Raum zu gewinnen über die Grenzen des Bildes hinaus und mit fließenden organischen Strukturen. Da der Schattenwurf der Nägel – bedingt durch das wechselnde Tageslicht und den jeweils veränderten Blickwinkel – immer neue dynamische Formen hervorbringt, schafft er zudem ein wandlungsreiches Lichtobjekt. Auf diese Weise erreicht Uecker einen Zustand der Erregung und zugleich der Kontemplation.
Trotz der Massivität ihrer Materialien also findet Uecker eine in sich eigene, spezielle Ausprägung seiner Kunst. In Bezug auf die in seinem künstlerischen Prozess verwendeten Materialien ist er den simplen Werkstoffen und Werkzeugen treu geblieben. Geblieben ist Uecker auch bei dem menschlichen Maß, mit dem er nur das, was er selber, sein eigener Körper schaffen kann, als sein erstes Bezugssystem repräsentiert. Die Komplexität und der Facettenreichtum von Ueckers Œuvre ist deshalb in Entstehung und Wirkung so frappierend: diese kraftvoll-poetische Schöpfung, das scheinbar Gegensätzliche zum Ausgleich zu bringen; Aktion und Kontemplation, Ruhe und Bewegung zu einem faszinierenden künstlerischen Ganzen von kraftvoller Schönheit zu vereinen. Und dennoch ist ein permanenter Dekonstruktionsprozess der Harmonie in seinen Werken intensiv wahrnehmbar, sie evozieren Botschaften von emotionaler Empfindung, sind getragen von persönlicher Haltung.
'Gemälde' wie dieses, "Wind", aber auch Zeichnungen, Skulpturen, Installationen, Bühnenbilder, Kostüme, Bücher, Fotografien und Filme von Günther Uecker zeigen die Kunst als geistige Entwicklung und einen neugierigen Künstler, der fortwährend ein offenes Feld und neue Handlungsspielräume sucht. Dabei sind es die Dynamisierung, die Beweglichkeit wie auch die beständig sich erneuernden kultischen und kulturellen Einflüsse, die eine hochemotionale, sensibel auf den Menschen zudringende Bildkraft entstehen lassen. Ueckers Nagelgemälde aus vielen Jahrzenten sind wie eine Momentaufnahme einer künstlerischen und physischen Befindlichkeit. Diese 'Gemälde' entwickeln je nach Standpunkt und Lichteinfall eine sensible, poetische Kraft und beginnen zu atmen. [MvL]



33
Günther Uecker
Wind, 2005.
Nägel und weiße Farbe, auf Leinwand, auf Holz
Schätzung:
€ 700.000
Ergebnis:
€ 952.500

(inklusive Aufgeld)